Anglistik/Amerikanistik

Open Access in der Anglistik/ Amerikanistik

Mit Anglistik / Amerikanistik wird hier ein Fächerspektrum benannt, das an deutschen Universitäten mit unterschiedlichen, oft programmatischen Namen (z. B. Anglophone Literaturen und Kulturen oder British and American Studies) be­zeichnet wird und auch verschiedene regional ausgerichtete und interdisziplinär arbeitende Kulturwissenschaften umfassen kann. Die folgenden Informationen beziehen sich deshalb zum Teil auch auf die Großbritannien-, Irland-, Amerika-, Kanada-, Australien- und Neuseelandstudien sowie übergreifende Forschungs­felder wie die postkolonialen Studien. Neben der Existenz genuin philologischer Themen und Fragestellungen werden nach dem aktuellen Selbstverständnis der Fächer aus dem Anglistik-Kontinuum u. a. auch die Geschichte, Gesellschaft, Po­litik, Kulturgeographie, Massenmedien und Populärkultur der jeweiligen Länder mit unterschiedlichen methodologischen Ansätzen untersucht.

Mit dieser fortlaufenden thematischen und disziplinären Öffnung der Anglistik / Amerikanistik konnte die Verbreitung und Akzeptanz von Open-Access-Publika­tionsformen bisher nicht ganz mithalten. Die Gründe hierfür sind vielfältig, lassen sich aber vor allem in der geisteswissenschaftlichen Publikationskultur finden, die sich zum Teil stark von den Vertriebswegen und Arbeitsmethoden der Naturwissenschaften unterscheidet. Als Ausnahme ist hier die Linguistik zu nennen, die nicht nur in ihren Methoden, sondern auch in der Ausprägung der Wissenschaftskommunikation den Naturwissenschaften näher steht; hier ist z. B. das Konzept der Preprints bzw. der Versionierung von Artikeln weitläufig be­kannt. In den Literatur- und Kulturwissenschaften ist die gedruckte Verlagspub­likation meist noch immer Standard, vor allem bei Qualifikationsarbeiten bzw. Monografien.

Die Kosten für Open-Access-Publikationen in der Anglistik / Amerikanistik werden bisher üblicherweise nicht über Article Processing Charges (APCs) finanziert, sondern z. B. über Knowledge Unlatched, Drittmittelförderung (BMBF-Projekt OGeSoMo) oder Mitgliedsbeiträge von Fachgesellschaften. Zu einer wichtigen Infrastruktur für Open-Access-Zeitschriften hat sich außerdem die von verschiedenen Institutionen finanziell unterstützte Open Library of Humanities entwickelt, auf deren Plattform eine ganze Reihe von Zeitschriften aus dem Bereich Anglistik / Amerikanistik zu finden ist. Darüber hinaus wird auch die französische Plattform Hypotheses (als Teil von OpenEdition) für wissenschaftliche Blogs von zahlreichen deutschen Instituten und Wissen­schaftler*innen zur Publikation ihrer Forschungsarbeiten genutzt.

Insgesamt ist die Open-Access-Entwicklung in der Anglistik / Amerikanistik als positiv zu bewerten. Viele Autor*innen, Verlage und Fördereinrichtungen for­dern und unterstützen die Weiterentwicklung der Bereitstellung wissenschaft­licher Ergebnisse im Open Access.

Open-Access-Zeitschriften

Das Directory of Open Access Journals (DOAJ) listet unter den Schlagwör­tern Language and Literature: English language 123 Einträge, Language and Literature: English Literature 63 Einträge, Language and Literature: American Literature 17 Einträge, History of Great Britain 4 Einträge, History America: America 8 Einträge, History America: United States 3 Einträge und History America: United States local history 2 Einträge (Stand: März 2024).

Die Fachzuordnung im DOAJ ist nicht immer präzise. Einige der für die Anglistik / Amerikanistik relevanten Zeitschriften sind zum Teil unter den allgemeineren Kategorien wie Language and Literature zu finden. Bei spezifischen Forschungsinteressen lohnt es sich deshalb, auch nach freien Stichwörtern zu suchen. Es existieren außerdem eine Reihe qualitativ hochwertiger Zeitschriften, die bisher nicht im DOAJ gelistet sind. Die oben angegeben Zahlen stellen also nur Orientierungswerte dar.

Wichtige Open-Access-Zeitschriften sind:

Viele lange nur gedruckt erhältliche Fachzeitschriften halten mit ihren meist zu­sätzlich vertriebenen elektronischen Fassungen am klassischen Subskriptions­modell ohne Open-Access-Komponente fest. Andere Fachzeitschriften sind nach wie vor nur gedruckt erhältlich, dies gilt vor allem für thematisch stark spe­zialisierte Zeitschriften. Eine begrüßenswerte Tendenz beim Umstieg von der gedruckten auf eine digitale Version lässt sich bei den Zeitschriften der zentra­len Fachgesellschaften (z. B. Deutscher Anglistenverband, Deutsche Gesell­schaft für Amerikastudien (diese Zeitschrift erscheint nach wie vor zusätzlich gedruckt), Gesellschaft für Australienstudien) beobachten, die mittlerweile fast alle (zusätzlich) Open Access zur Verfügung stehen. Manche dieser Zeitschriften werden weiterhin bei den etablierten Verlagen, andere über die Webseiten der Gesellschaften herausgegeben. Im Gegensatz dazu wird etwa die Zeitschrift der European Association of American Studies (Vereinigung der nationalen Fach­gesellschaften zu den Amerikastudien) schon seit ihrer Gründung Open Access veröffentlicht.

Auf der anderen Seite gab es schon früh einzelne Internet-Publikationen, die von engagierten Wissenschaftler*innen ohne Verlagsunterstützung erfolgreich als scholar-led-Publikation umgesetzt wurden. Neben dem freien weltweiten Zugang wurde v.a. das Potenzial des webbasierten Publizierens erkannt (Hyper­links, Integration von Bildern und audiovisuellen Quellen). Dazu zählen z. B. in Deutschland die Erfurt Electronic Studies in English (1995-2011), das American Studies Journal (seit 1996) sowie Early Modern Literary Studies (Großbritannien, seit 1995) oder Romanticism on the Net (RoN) (Kanada, seit 1996). Auch im Be­reich der Publikationen von early career scholars ist Open Access mittlerweile ein etabliertes Modell: Die Artikel der Current Objectives of Postgraduate Ame­rican Studies (COPAS) (seit 2000) sowie aspeers: emerging voices in american studies (seit 2008 im Dual-Publishing-Modell) wurden von Beginn an unter CC-Lizenzen veröffentlicht.

Manchen dieser frühen oder schon lange laufenden Online-Veröffentlichungen fehlen Merkmale, die sich mittlerweile als Standards für Open-Access-Zeitschrif­ten durchgesetzt haben, wie z. B. DOIs für einzelne Aufsätze oder auch Konzep­te für die Langzeitarchivierung. Der Fachinformationsdienst Anglo-American Culture (FID AAC) bietet hier bereits erste Dienstleistungen an, z. B. für die Zeitschrift für Australienstudien, für die DOIs vergeben und deren Jahrgänge auf dem Fachrepositorium The Stacks archiviert werden.

Der FID Anglo-American Culture kuratiert eine Liste von fachrelevanten Open Access-Zeitschriften. Die Liste wird regelmäßig überprüft und erweitert.

Video zur Finanzierung von Open-Access-Artikeln

Open-Access-Bücher

Das Directory of Open Access Books (DOAB) findet zu den Suchbegriffen English literature, English language und American literature insgesamt 387 Treffer (Stand: März 2024). Hinzu kommen Veröffentlichungen aus den Bereichen postcolonial studies, literary studies, cultural studies etc. Da die Plattform keine einheit­liche inhaltliche Erschließung anbietet, lohnt sich eine Stichwortsuche nach dem gesuchten Forschungsthema. Zusätzlich bietet die Plattform OAPEN Direktzu­griff auf viele hundert Titel zu den oben genannten Suchbegriffen.

Die steigende Verfügbarkeit einer solchen Bandbreite von Open-Access-Büchern und Dokumenten ist eine positive Entwicklung der letzten Jahre. Als wichtige kommerzielle Verlage im deutschsprachigen Kontext, die ein nennens­wertes Open-Access-Angebot für die Fachcommunities rund um die Anglistik / Amerikanistik aufweisen, sind transcript und Peter Lang zu nennen. Darüber hinaus sei die Schriftenreihe Göttinger Schriften zur Englischen Philologie des Universitätsverlags Göttingen erwähnt. Mittlerweile sind die meisten dieser Monografien und Sammelbände über zentrale Plattformen wie OAPEN nachge­wiesen und finden so auch ihren Weg in bibliothekarische Nachweissysteme.

Es ist abzusehen, dass die Zahl der Open-Access-Bücher und die Zahl der Open Access fordernden Wissenschaftler*innen in den nächsten Jahren weiter steigt. Initiativen wie Enable! auf nationaler Ebene oder Knowledge Unlatched auf internationaler Ebene sind als zusätzliche Katalysatoren zu verstehen.

Der FID Anglo-American Culture präsentiert laufend wichtige Open Access-Bücher der deutschen Wissenschaft auf Twitter unter dem Hashtag #AACOAbooks.

Disziplinäre Repositorien

Zu den wichtigsten Repositorien für die Anglistik / Amerikanistik gehören:

  • The Stacks ist das interdisziplinäre Fachrepositorium für die folgenden Disziplinen: Amerikastudien, Anglistik, Anglophone Postkoloniale Studien, Australien- und Neuseelandstudien, Großbritannien- und Irlandstudien so­wie Kanadastudien einschließlich aller Unterdisziplinen. Es handelt sich um ein Angebot des FID Anglo-American Culture und wird von der Niedersäch­sischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen betrieben. Neben Zweitveröffentlichungen von Verlagspublikationen (Artikel und Monogra­fien) können Wissenschaftler*innen hier bislang unveröffentlichte Doku­mente wie z. B. Vortragsmanuskripte, Lehrmaterialien oder Tagungspro­gramme publizieren. Das Repositorium archiviert außerdem ganze Zeit­schriftenbände, Schriftenreihen und Sammelbände. Alle Dokumente werden entweder sofort oder nach einem frei wählbaren Embargo Open Access zugänglich gemacht. Das Repositorium wurde 2021 mit dem aktuellen DINI-Zertifikat ausgezeichnet.
  • Humanities Commons (CORE): CORE ist ein interdisziplinäres Open Access-Repositorium für die Geisteswissenschaften, das u.a. von der MLA (Modern Language Association) betrieben wird. Das Repositorium enthält auch graue Literatur (Lehrmaterialien, Vortragsmanuskripte).
  • GenderOpen ist das Fachrepositorium für die Geschlechterforschung und wird vom Margherita-von-Brentano-Zentrum an der Freien Universität Ber­lin, dem Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien an der Hum­boldt-Universität zu Berlin und dem Zentrum für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der Technischen Universität Berlin betrieben.
  • media/rep/ ist das Fachrepositorium der kulturwissenschaftlichen Medien­wissenschaft sowie thematisch angrenzender Fächer und wird vom Institut für Medienwissenschaft in Kooperation mit der Universitätsbibliothek der Philipps-Universität Marburg betrieben.
  • CompaRe ist das Fachrepositorium für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und wird vom FID Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft betreut.

Eine Übersicht zu relevanten Repositorien bietet das Open Directory of Open Access Repositories (OpenDOAR). Der Bereich English Language and Litera­ture Commons des Digital Commons Network listet als thematisches Verzeichnis Nachweise aus institutionellen Repositorien weltweit (mit einem Schwerpunkt auf US-amerikanischen Institutionen).

Video über das Zeitveröffentlichungsrecht

Sonstige Angebote

Auch die Online-Archive JSTOR und Project MUSE stellen inzwischen frei zugängliche, für die Anglistik / Amerikanistik relevante Open-Access-Inhalte bereit.

Open Science in der Anglistik/ Amerikanistik

Größere Open Science-Initiativen wie CLARIAH-DE (Fusion der Projekte CLA­RIN-D und DARIAH-DE) sind meist nicht fachspezifisch, sondern richten sich an die Geisteswissenschaften insgesamt. Open Science meint hier vor allem den Zugang zu digitalen Materialien (historische Quellen, literarische Texte, Sprach­korpora) sowie die Aufbereitung von (meist textbasierten) Forschungsdaten durch digitale Werkzeuge und deren nachhaltige Bereitstellung (z. B. im DARIAH-DE Repository).

Gerade in Forschungsbereichen, in denen nicht nur Texte, sondern auch audio­visuelle Quellen zum Forschungsgegenstand gehören, gab es schon früh Pio­nierprojekte im Internet, um von den Möglichkeiten der vielfältigen Verknüpf­ung zu profitieren (Hypermedia) sowie die freie Zugänglichkeit und - v. a. auch interdisziplinäre - Nachnutzbarkeit zu ermöglichen. So liegen beispielsweise die Ursprünge von The Rossetti Archive und The Victorian Web in den 1990er Jahren. Größere Editionsprojekte neueren Datums sind z. B. The Walt Whitman Archive und das James Joyce Digital Archive.

In Deutschland schlagen vor allem Wissenschaftler*innen im Bereich der Digital Humanities sowie Projekte an wissenschaftliche Bibliotheken neue Wege ein. Eine Verankerung von Open Science in den zentralen Fachgesellschaften gibt es bisher nur teilweise, z. B. durch die Digital American Studies Initiative (DASI), die als Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Amerikastudien u. a. thematische Diskussionsforen auf den Jahrestagungen organisiert.

Potenzial für eine zentrale Strategie im Umgang mit sprach- und textbasierten Forschungsdaten liegt aktuell auch in den geisteswissenschaftlichen Konsortien (z. B. Text+) innerhalb der gerade entstehenden Nationalen Forschungsdaten­infrastruktur (NFDI).

Literatur

Weiterführende Literatur

Bearbeitung der Inhalte dieser Seite: Wiebke Kartheus (FID Anglo-American Culture) und Dorothea Schuller (Fachreferentin Anglistik/Amerikanistik an der SUB Göttingen) (Stand: November 2021).