Geschäftsmodelle für Bücher

Intro

Finanzierung von Open-Access-Monographien

Das erfahren Sie in diesem Artikel

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Es gibt eine Vielzahl an Geschäfts- und Finanzierungsmodellen für Open-Access-Bücher.

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Die einzelnen Modelle haben individuelle Vor- und Nachteile, teilweise lassen sie sich miteinander kombinieren.

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Neben den im deutschsprachigen Raum weit verbreiteten Book Processing Charges (BPCs) sind vor allem der parallele Verkauf von Druckausgaben, die institutionelle Förderung von Open Access sowie konsortiale Modelle von Bedeutung.

Vielfältiger Wandel

Open Access beinhaltet den kostenlosen Zugang zu wissenschaftlicher Infor­mation und deren freier Nachnutzung. Da Open-Access-Bücher für Leser*in­nen kostenlos zugänglich sind, können die im Rahmen der Veröffentlichung entstehenden Kosten nicht mehr über Buchkäufe gedeckt werden, sondern müssen durch alternative Geschäftsmodelle finanziert werden. 

In den letzten Jahren ist die Bedeutung von Open Access in den Geistes- und Sozialwissenschaften enorm gestiegen. Im Zuge dessen haben sich verschie­dene Geschäfts- und Finanzierungsmodelle für Open-Access-Bücher entwickelt. Diese Modelle weisen sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zu den gängigen Modellen für Zeitschriften auf, sind aber im Vergleich vielfältiger und experimenteller. In der Praxis werden häufig verschiedene Ansätze miteinander kombiniert.

Im Folgenden werden die wichtigsten Finanzierungsmodelle für Open-Access-Bücher im deutschsprachigen Raum kurz vorgestellt. Die Übersicht greift auf bestehende Typologien mit unterschiedlichen Komplexitätsgraden zurück, die zur weiterführenden Lektüre sehr zu empfehlen sind (Collins et al., 2015; Speicher et al., 2018, Penier et al., 2020). Für die hier vorgestellte Auswahl er­wies sich darüber hinaus die knappe Übersicht des Open Access Book Toolkits (OAPEN, 2020) als hilfreich.

Video zum Publizieren von Open-Access-Büchern

Publikationsgebühren (BPCs)

BPCs ermöglichen die Anerkennung und Übernahme von Kosten, die mit der Veröffentlichung qualitativ hochwertiger Open-Access-Buchpublika­tionen verbunden sind. Da Forschungsförderer, Stiftungen und Autor*­innen im deutschsprachigen Raum seit vielen Jahren auch herkömmliche Buchpublikationen über sogenannte Druckkostenzuschüsse finanzieren, ist die Hürde zur Zahlung von BPCs hier niedriger als in anderen Ländern.

Das Modell verstärkt bestehende Ungerechtigkeiten im akademischen System, indem es Autor*innen bevorteilt, die in gesicherten Positionen an finanzkräftigen Einrichtungen oder in gut ausgestatteten Drittmittel­projekten arbeiten. Autor*innen, die an weniger ausgestatteten Institu­tionen tätig sind, werden ebenso benachteiligt wie unabhängige Autor*­innen. Auf globaler Ebene benachteiligt das Modell Autor*innen aus dem globalen Süden. Kritisiert wird zudem, dass kommerzielle Verlage ihre tatsächlichen Kosten und Leistungen nicht klar darstellen, weshalb die Erstattung von BPCs zunehmend an die Einhaltung von Standards in Bezug auf Qualität und Transparenz geknüpft wird.


Praxistipp

Hier finden Sie hilfreiche Empfehlungen und Checklisten zu Qualitätsstandards für Open-Access-Bücher:

Publikationsgebühren für Bücher, auch BPCs (Book Processing Charges) ge­nannt, werden von Verlagen erhoben, um die bei der Veröffentlichung entste­henden Kosten zu decken. Sie bilden das Pendant zu den aus dem Zeitschrif­tenbereich bekannten APCs (Article Processing Charges). Die Höhe der BPCs ist von Verlag zu Verlag unterschiedlich, der Umfang der Beträge liegt zwischen wenigen Hundert bis hin zu mehreren Tausend Euro. Dies hat verschiedene Gründe: Die von den Verlagen angebotenen Leistungen, Services und Lizenz­optionen unterscheiden sich ebenso wie die veröffentlichten Bücher. Auch Unterschiede in den Kosten- und Einnahmestrukturen der Verlage spielen eine wichtige Rolle. Und schließlich gibt es Verlage, die neben ihren tatsächlichen Kosten auch Schätzungen über entgangene Verkaufserlöse in die Berechnung ihrer BPCs einbeziehen. Ob sich eine parallele Open-Access-Publikation jedoch überhaupt auf die Verkaufszahlen im Print auswirkt, ist umstritten. Verschiede­ne Studien haben gezeigt, dass die Angst der Verlage vor gravierenden Einbrü­chen unbegründet ist (Collins et al., 2015; Ferwerda et al., 2018; Snijder, 2019; Graf et al., 2020).

Die Erhebung von Publikationsgebühren ist bei Open-Access-Büchern weit ver­breitet (vgl. Penier et al., 2020, S. 46-52). Das Modell wird sowohl von kommer­ziellen als auch von Scholar-Led- und Universitätsverlagen eingesetzt. Bezahlt werden BPCs in der Regel von Forschungsförderern oder den Einrichtungen, an denen die Autor*innen tätig sind. Inzwischen haben zahlreiche Einrichtungen – in Deutschland oftmals mit Unterstützung der DFG – hierfür Publikationsfonds eingerichtet. Gerade unabhängige Autor*innen und solche, die an finanziell schwächeren Einrichtungen tätig sind, müssen jedoch selbst für die Kosten aufkommen. Durch die autor*innenseitige Finanzierung wird das Modell auch als Author-Pays-Modell bezeichnet.

Verkauf von Druckausgaben

Bei der parallelen Veröffentlichung gedruckter Buchausgaben, teils auch Dual Publishing genannt, handelt es sich um ein hybrides Modell, bei dem über zusätzliche Verkäufe Einnahmen generiert werden. Dabei ersetzen die Erlöse aus dem Printbereich die Publikationsgebühren in der Regel nicht vollständig, sondern dienen lediglich als Ergänzung.

Sowohl bei kommerziellen als auch bei von Wissenschaftler*innen geführten und Universitätsverlagen ist der Verkauf gedruckter Bücher – ganz im Gegen­satz zum Zeitschriftenbereich – noch immer sehr weit verbreitet. Dabei setzten kommerzielle Buchverlage in der Vergangenheit häufig auf Embargofristen und restriktive Lizenzierungsmodelle. Auch durch die Vorgaben der Forschungsför­derer ist inzwischen aber eine klare Tendenz zum goldenen Weg und offenen CC-Lizenzen erkennbar.

Der Verkauf von Druckausgaben (Paperbacks, Hardcover) kann für Ver­lage eine wichtige Einnahmequelle sein. Dank digitaler Technologien und schlanker Vertriebsstrukturen ist der hierfür erforderliche Zusatzauf­wand in den letzten Jahren merklich gesunken. Solange von Seiten der Bibliotheken und Leser*innen noch eine entsprechende Nachfrage be­steht, ist es für Verlage sinnvoll, wissenschaftliche Bücher auch weiterhin in gedruckter Form anzubieten und hierfür auch die bestehenden Kanäle des Buchhandels zu nutzen.

Trotz der Einsparungen durch den Einsatz von Verfahren wie Print-on-demand sind Herstellung und Vertrieb von Druckausgaben mit einem gewissen Kosten- und Verwaltungsaufwand verbunden. Sollte die Nachfrage nach gedruckten wissenschaftlichen Büchern in Zukunft (weiter) sinken, verliert auch das Modell an Attraktivität.


Institutionelle Förderung

Für Institutionen und ihre Bibliotheken kann es sinnvoll sein, einen Teil des Budgets, das sie für die Finanzierung von (Open-Access-)Publika­tionen aufwenden, in den Aufbau eigener Publikationsservices zu inves­tieren. So können sie den eigenen (und ggfs. anderen) Wissenschaftler*­innen attraktive Konditionen gewähren, bestehende Infrastrukturen und Kenntnisse nutzen und die Reputation der eigenen Einrichtung steigern.

Um Autor*innen und Herausgeber*innen ein attraktives Publikationsum­feld bieten zu können, ist ein nicht unerhebliches Maß an Engagement nötig. Nur wenn die Aktivitäten langfristig und nachhaltig angelegt sind, kann das Modell seine Potenziale entfalten.


Im Rahmen ihrer Open-Access-Förderung bieten Hochschulen und Forschungs­einrichtungen eigene Publikationsservices für Open-Access-Bücher an. Diese können von der Einrichtung eines Repositoriums oder einer Publikationsplatt­form bis hin zum Betreiben eines Universitätsverlags reichen. Die institutionelle Förderung kann auf finanzieller, personeller oder infrastruktureller Ebene erfol­gen. Bibliotheken kommt hierbei häufig eine zentrale Rolle zu. Die Unterstüt­zung ermöglicht es Universitätsverlagen, Publikationsgebühren entweder nied­rig zu halten oder gar komplett darauf zu verzichten. Dass Universitätsverlage nicht gewinnorientiert arbeiten, wirkt sich ebenfalls positiv auf die Preisgestal­tung aus. Die Nutzung der Services kann auf Mitglieder der eigenen Universität beschränkt sein oder sich auch an Wissenschaftler*innen anderer Institutionen richten.

Vor allem Einrichtungen, in denen die Geistes- und Sozialwissenschaften stark vertreten sind, bieten inzwischen eigene Publikationsmöglichkeiten für Bücher an. Die Mehrheit der deutschsprachigen Universitätsverlage hat sich in der Arbeitsgemeinschaft der Universitätsverlage zusammengeschlossen. Zu den bekanntesten Verlagen zählen der Universitätsverlag Göttingen, Heidelberg University Publishing und KIT Scientific Publishing.

Bibliothekskonsortien

Im Rahmen von Bibliothekskonsortien verpflichten sich Bibliotheken dazu, einen Beitrag zur Open-Access-Publikation einer Auswahl an Büchern zu leisten. Diese Bundles können entweder thematisch gruppiert oder auf (einzelne oder mehrere) Verlage bezogen sein. Sobald sich genügend Bibliotheken beteiligt haben und das finanzielle Ziel erreicht wurde, werden die Bücher frei zugänglich gemacht. Dieses Erlösmodell ähnelt dem aus anderen Bereichen bekannten Crowdfunding, wobei die Crowd hier aus Institutionen besteht.

Konsortiale Modelle sind im Bereich der Zeitschriften bereits weit verbreitet. Für die Geisteswissenschaften ist vor allem das Crowdfunding-Modell der Open Lib­rary of Humanities (OLH) von Bedeutung. Im Buchbereich nimmt Knowledge Unlatched eine Vorreiterrolle ein und hat bislang über 3.000 Bücher (Stand: November 2021) Open Access zugänglich gemacht. Aktuell werden im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von Projekten zur Beschleunigung der Transfor­mation zu Open Access des BMBF mehrere Vorhaben gefördert, die konsor­tiale Modelle für Buchreihen entwickeln (KOALA, OAdine, TOAA). Auf interna­tionaler Ebene beschäftigt sich das Projekt COPIM mit der (Weiter-)Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle.

Konsortiale Modelle ermöglichen den Verzicht auf BPCs mit all ihren Nachteilen, weshalb sie für Autor*innen sehr attraktiv sein können. Darüber hinaus bieten sie Verlagen einen niedrigschwelligen Weg hin zur Open-Access-Transformation des eigenen Programms. Auf Seiten der Bibliotheken können sie schließlich den mit der Erwerbung von Büchern einhergehenden Bearbeitungsaufwand erheblich reduzieren.

Es gibt keine Garantie dafür, dass immer genügend Bibliotheken gefunden werden, die sich an der Finanzierung eines Bundles beteiligen. Zudem besteht die Gefahr, dass Bibliotheken vor dem Hintergrund knapper Budgets darauf spekulieren, dass die erforderlichen Summen auch ohne ihr Zutun erreicht werden können (Freerider-Problematik). Kommerziell ausgerichtete Modelle können darüber hinaus Skepsis bei Bibliotheken hervorrufen und zu deren Zurückhaltung beitragen.

Weitere Modelle

Die hier skizzierten Modelle stellen lediglich eine Auswahl dar. Unter den zahlreichen weiteren Modellen, die häufig noch nicht flächendeckend erprobt sind, sollen zwei zumindest kurz erwähnt werden: das Freemium-Modell und das Modell institutioneller Mitgliedschaften.

Freemium

Im Freemium-Modell veröffentlicht ein Verlag oder Dienstleister eine Ausgabe des Buchs Open Access, ohne von den Autor*innen eine Publika­tionsgebühr zu verlangen. Diese kostenlose Open-Access-Veröffentlichung wird über andere Einnahmequellen subventioniert. Dies kann z. B. durch den Verkauf von digitalen Ausgaben mit zusätzlichen Funktionalitäten und in anderen Formaten (enhanced HTML, e-pub/mobi, etc.) geschehen. Das Modell wird zwar bereits von einigen Verlagen und Plattformen wie z. B. OpenEdition und Open Book Publishers erfolgreich angewendet, ob es sich bewährt, wird sich jedoch noch zeigen müssen.

Institutionelle Mitgliedschaften

Ein weiteres Modell stellen institutionelle Mitgliedschaften dar. Hierbei zahlen Bibliotheken oder andere Einrichtungen – häufig im Rahmen von Konsortialverträgen – einen jährlichen Mitgliedsbeitrag an einen Verlag, der einen Teil der Kosten für die Veröffentlichung von Büchern über­nimmt. Mitgliedseinrichtungen und ihre Autor*innen können darüber hinaus weitere Rabatte erhalten. Das Modell ist vor allem im Zeitschrif­tenbereich verbreitet, wird aber auch von wissenschaftlichen Buchver­lagen wie Open Book Publishers oder Punctum Books eingesetzt und kann einen wichtigen Beitrag zur Vereinfachung und Entbürokratisierung des Open-Access-Publizierens leisten.

Literatur

Weiterführende Literatur