Geschäftsmodelle für Zeitschriften

Intro

Finanzierung von Open-Access-Artikeln

Das erfahren Sie in diesem Artikel

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Es gibt verschiedene Geschäfts- und Finanzierungsmodelle für Open-Access-Zeitschriften.

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Grundsätzlich lassen sich drei Formen der Finanzierung unterschei­den: APC-basierte, institutionelle und konsortiale Modelle.

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Im Rahmen der Open-Access-Transformation sollten effiziente, transparente und faire Modelle bevorzugt angewendet werden.

Kosten von Zeitschriften

Open Access beinhaltet den kostenlosen Zugang zu wissenschaftlicher Informa­tion und deren freier Nachnutzung. Da Open-Access-Zeitschriften für Leser*in­nen kostenlos zugänglich sind, können bei der Produktion entstehende Kosten (Grossmann & Brembs, 2021) nicht über Subskriptionen wieder eingenommen werden, sondern müssen durch alternative Geschäftsmodelle finanziert werden. 

Die sogenannte Zeitschriftenkrise und die damit verbundenen großen Gewinne wissenschaftlicher Verlage aus öffentlichen Mitteln waren wesentliche Gründe für das Aufkommen der Open-Access-Bewegung. Deshalb ist es sinnvoll, bei Geschäftsmodellen zwischen Kostendeckung und Gewinnerzielung zu unter­scheiden, speziell dort, wo es um die Umschichtung von Kosten für die Open-Access-Transformation von Zeitschriften geht.

In jedem Fall müssen Betriebs- und Personalkosten finanziert werden, die benö­tigt werden, um Werke entgegenzunehmen, zu verwalten, zu veröffentlichen und zu verteilen, dazu kommen Kosten, die für die Infrastruktur, wie Serverka­pazitäten und Webseiten anfallen. Im Bereich der Publikation von Daten oder multimedialen Inhalten kommen neue Anforderungen hinzu.

Im Bereich des goldenen Wegs des Open Access existieren eine Reihe unter­schiedlicher Geschäftsmodelle (Keller, 2017; Russell, 2019; Waidlein et al., 2021). Grundsätzlich lassen sich Open-Access-Zeitschriften durch Publikationsgebühren (APCs), durch Institutionen oder durch Konsortien finanzieren. Bei Modellen, die gänzlich ohne APCs auskommen, spricht man auch von Diamond Open Access.

Praxistipp

Hier finden Sie die Folien zum Open Access Talk Open-Access-Finanzierung: Fragen und Probleme.

Alternative Geschäftsmodelle für Open-Access-Publikationen

Finanzierung vonseiten der Autor*innen

Zentral am Author-Pays-Modell ist, dass zwischen Annahme und Veröff­entlichung eines Beitrags die Zahlung der als Article Processing Charges (APCs) bezeichneten Publikationskosten durch die Autor*innen bzw. deren Institution erfolgt. Die Verfügbarkeit von Mitteln und die Akzeptanz für derartige Zahlungen hängen auch von der Publikationskultur der Fachdisziplin ab. Weitere Faktoren sind der Zugang zu Drittmitteln und die berufliche Position der Autor*innen. Deshalb werden APCs häufig kritisch gesehen: Befürchtet wird, dass sie Zugangsbarrieren insbeson­dere für Autor*innen aus Ländern des globalen Südens oder für Wissen­schaftler*innen am Beginn ihrer Karriere schaffen. Andererseits bieten viele kommerzielle Open-Access-Zeitschriften die Möglichkeit, auf APCs in Einzelfällen (z. B. für Autor*innen aus Ländern mit niedrigem und mittle­rem Einkommen; Lawson, 2015) zu verzichten bzw. diese Kosten auf die APC-zahlenden Autor*innen umzulegen.

Viele Forschungsförderer verlangen, dass aus geförderten Projekten entstehende Veröffentlich­ungen zu Open-Access-Bedingungen publiziert werden und übernehmen im Gegenzug die Zahlung von APCs. Die Ausweitung von APC-Modellen kann jedoch zu einer Belastung der Forschungsetats führen.

Ein Instrument zur institutionellen Unterstützung von Autor*innen bei anfallenden APCs sind Publikationsfonds, mit denen viele Universitäten und Forschungseinrichtungen stellvertretend für ihre Autor*innen Publi­kationskosten übernehmen (Bruch et al., 2014; vgl. die Übersicht im Open Access Directory). Vielfach fließen auch für den Literaturerwerb, insbesondere für Zeitschriftenabonnements vorgesehene Mittel in Publi­kationsfonds ein. Auf diese Weise bezahlen zwar nach wie vor wissen­schaftliche Einrichtungen für Publikationen, diese sind nun jedoch weltweit frei zugänglich.

In Deutschland ist die Einführung von Publikationsfonds seit langem mit institutionellen Förderprogrammen der Deutschen Forschungsgemein­schaft (DFG) verbunden. Seit 2020 können Hochschulen und außeruni­versitäre Forschungseinrichtungen im neu ausgerichteten DFG-Förder­programm Open-Access-Publikationskosten festgelegte Zuschüsse zur Publikation wissenschaftlicher Ergebnisse im Open Access beantragen. Mit dieser Teilfinanzierung von Einzelpublikationen wird auch weiterhin der Betrieb von Publikationsfonds unterstützt. Zuschüsse zu den Open-Access-Publikationsgebühren sind u. a. für Zeitschriftenartikel, auch für Artikel aus Transformationsverträgen wie denen des Projekts DEAL möglich.

Einige deutsche Bundesländer stellen für die Förderung von Open Access aus Landesmitteln eine Finanzierung von Publikationsfonds zur Verfü­gung, darunter Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Darüber hinaus können zwischen Open-Access-Verlagen und Wissenschaftseinrichtungen geschlossene Verträge die Abwicklung von APCs sowie etwaige Rabatte regeln.

Ein stark umstrittenes Geschäftsmodell sind kostenpflichtige Open-Access-Optionen für einzelne Artikel in eigentlich subskriptionsbasierten Zeitschriften (die dann häufig als hybride Zeitschriften bezeichnet werden). Auf diese Weise bezieht die Zeitschrift nicht nur Einnahmen aus Abonnements, sondern zusätzlich aus Artikeln, die gegen eine Publika­tionsgebühr zur Open-Access-Nutzung freigeschaltet werden. Die Kosten pro Artikel sind in der Regel deutlich höher als bei reinen Open-Access-Zeitschriften, obwohl eine Doppelfinanzierung vorliegt. Diese häufig als Double Dipping kritisierte Mehrfachfinanzierung wird hauptsächlich von kommerziellen Verlagen betrieben und auf existierende Zeitschriften angewandt, die nicht in Open-Access-Zeitschriften umgewandelt werden sollen. Weitere Vorbehalte gegen dieses Modell beziehen sich darauf, dass solche hybriden Modelle keinen Beitrag zur Transformation des wissenschaftlichen Publikationsmarktes hin zu Open Access leisten, dass Kostenberechnungen intransparent sind und dass einzelne Open-Access-Artikel in Closed-Access-Zeitschriften keine ausreichende Sicht­barkeit erreichen würden. In Verhandlungen mit Verlagen (z. B. bei einzelnen Abonnements, aber auch bei Nationallizenzen und Konsortial­modellen) drängen öffentliche Einrichtungen zumeist auf Gegenmaß­nahmen zum Double Dipping, z. B. durch eine anteilige Senkung der Abonnementkosten, die dem Anteil von Open-Access-Artikeln entspricht. In Deutschland will das Projekt DEAL das Problem wirksam beheben.

Das Author-Pays-Modell ist inzwischen weit verbreitet und wird fälschlicherwei­se häufig synonym für alle Open-Access-Geschäftsmodelle verwendet. Dabei haben Zeitschriften schon vor Beginn der Open-Access-Bewegung ihre Autor*­innen zur Finanzierung herangezogen, umgekehrt verlangen sehr viele Open-Access-Zeitschriften kein Geld von ihren Autor*innen. So erheben von den insgesamt 17.136 im Directory of Open Access Journals (DOAJ) gelisteten Zeitschriften (Stand: November 2021) 11.948 keine Publikationsgebühren.

Institutionelle Finanzierung

Geschäftsmodelle, die auf direkte Zahlungen von Autor*innen setzen, bringen einen großen Verwaltungsaufwand mit sich. Darüber hinaus wird befürchtet, dass durch APCs ungleiche Zugangsvoraussetzungen zu wissenschaftlichen Publikationsmöglichkeiten entstehen. Deshalb gibt es Interesse an Modellen, die direkt auf eine Finanzierung durch Institutionen setzen. Institutionen können z. B. Publikationsdienste anbieten oder Open-Access-Zeitschriften komplett finanzieren, sodass auch andere Autor*innen davon profitieren.

Eine traditionsreiche Variante ist die (Teil-)Finanzierung von Publikationen über Fachgesellschaften oder andere Institutionen einer Wissenschaftsdisziplin. Einige Fachgesellschaften finanzieren ihre Publikationsaktivitäten traditionell durch Mitgliedsbeiträge. Hierbei sind die organisierten Wissenschaftler*innen in der Regel sowohl Nutzer*innen als auch Autor*innen der dort veröffentlichten wissenschaftlichen Artikel, sodass die Kosten der Open-Access-Publikation auf beide Gruppen verteilt sind.

Ein Beispiel für eine Zeitschrift, die von einer Community getragen wird, ist Documenta Mathematica, die durch die Deutsche Mathematiker-Vereinigung gegründet wurde. Die elektronisch im Open Access und gegen eine geringe Gebühr auch als Printausgabe vertriebene Zeitschrift verursacht nach Angaben der Vereinigung nur geringe Kosten, die zur Gänze von der Vereinigung bezahlt werden.

Letztendlich beruhen viele Open-Access-Zeitschriften auf dem Engagement der beteiligten Personen - die entweder im Rahmen ihrer Anstellung oder ehren­amtlich an der Zeitschrift mitarbeiten. Die Unterstützung durch Personal und ggf. die Übernahme von Sachkosten kann als eine wichtige Form institutioneller Unterstützung angesehen werden. Darüber hinaus investieren viele wissen­schaftliche Einrichtungen heute in eigene Publikationsdienste, beispielsweise Plattformen und Services zur Erstellung von Zeitschriften mithilfe der Open-Source-Software Open Journal Systems (OJS). Die Institution subventioniert hier die Kosten für die Bereitstellung der Inhalte und ist ggf. für Teile des Publikationsprozesses verantwortlich.

Praxistipp

Das Toolkit Society Publishers Accelerating Open Access and Plan S des Wellcome Trust gibt Tipps zur Umsetzung von Open Access und zur Plan-S-Konformität.

Konsortiale Finanzierung und Crowdfunding

Für eine konsortiale Finanzierung schließen sich wissenschaftliche Institutionen zusammen, um gemeinsam einen Publikationsort oder eine Publikationsinfra­struktur zu finanzieren (Reinsfelder & Pike, 2018). Ein Beispiel für Letzteres ist der Preprint-Server arXiv, der seit über 30 Jahren konsortial betrieben wird (Ginsparg, 2021).

Crowdfunding bezeichnet ein alternatives gemeinschaftliches Finanzierungsmo­dell mit vielen Geldgebenden. Ein Crowdfunding-Modell für Zeitschriften bietet die Open Library of Humanities (OLH). Dieser gemeinnützige Open-Access-Verlag in den Geistes- und Sozialwissenschaften dient aktuell als Plattform für ca. 30 Open-Access-Zeitschriftentitel. Finanziert wird die Plattform sowohl über eine Stiftung als auch über Mitgliedsbeiträge von Bibliotheken, getreu dem Motto "Our mission is to support and extend open access to scholarship in the humanities – for free, for everyone, for ever."  In Deutschland wurde der Um­stieg deutschsprachiger geisteswissenschaftlicher Zeitschriften in Kooperation mit der Open Library of Humanities bis 2021 durch das Projekt OLH-DE geför­dert. Momentan gibt es zudem mit KOALA und Scholar-led Plus zwei BMBF-geförderte Projekte, die konsortiale Finanzierungsmodelle für Periodika entwickeln und aufbauen wollen.

Ein weiteres Beispiel ist Knowledge Unlatched, ein kommerzieller Service-Pro­vider für die Finanzierung durch Crowdfunding über Bibliotheken. Finanziert werden Open-Access-Bücher und seit einigen Jahren auch Open-Access-Zeit­schriften in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Als ein anderes Modell wird Subscribe to Open vom Verlag Annual Reviews für die Open-Access-Transfor­mation gut eingeführter Subskriptionszeitschriften eingesetzt und inzwischen auch von weiteren Zeitschriften erprobt.

Für Open-Access-Artikel in einigen Zeitschriften der Hochenergiephysik werden die APCs durch das hierfür gebildete Konsortium des SCOAP³-Projekts über­nommen. Die Zeitschriften wurden dazu entweder ganz auf Open Access umge­stellt oder haben zumindest eine hybride Open-Access-Option aufgenommen. Von der Kostenübernahme profitieren alle Autor*innen unabhängig von ihrer institutionellen Zugehörigkeit. Die APCs der SCOAP³-Zeitschriften sind teilweise geringer als bei vergleichbaren Zeitschriften, bei hybriden Zeitschriften werden die Abonnementkosten gesenkt, um Double Dipping zu vermeiden. Zentral für das SCOAP³-Modell ist jedoch immer die individuelle APC, nicht eine pauschale Finanzierung der Publikationsorte. Seit seiner Gründung 2008 hat das Modell von SCOAP³ zunehmend zu einer nachhaltigen Finanzierung für Open-Access-Publikationen in der eng umgrenzten Disziplin der Hochenergiephysik geführt.

Weitere Finanzierungsoptionen

Eine weitere Möglichkeit zur Finanzierung von Open-Access-Veröffentlichungen ist der parallele Verkauf der Inhalte in separaten (Druck-)Ausgaben. Im digitalen Bereich gibt es verschiedene Versuche, so genannte Freemium-Modelle umzusetzen, bei denen die kostenpflichtige Variante mehr Nutzen liefern soll als die kostenlose Variante. Dies kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass parallel zur HTML-Variante eines Artikels die als höherwertig eingestufte PDF-Fassung nur für zahlende Kund*innen zugänglich gemacht wird. Ein Beispiel dafür ist das in den Sozial- und Geisteswissenschaften angesiedelte Projekt OpenEdition.

Transformation und Transparenz

Die Transformation von einer von Abonnements geprägten Landschaft wissen­schaftlicher Zeitschriften hin zu einer hauptsächlich Open-Access-orientierten Landschaft stellt im Bereich der Geschäftsmodelle eine große Herausforderung dar. In Deutschland versucht das Projekt DEAL durch Konsortialverträge mit einer Open-Access-Komponente (publish and read) zu einer Transformation von Zeitschriften beizutragen. Während es möglich scheint, Zeitschriften kom­plett umzustellen und den Betrieb dabei kostendeckend zu gestalten, führen die hohen Beträge, die im Author-Pays-Modell in Rechnung gestellt werden, womög­lich insgesamt eher zu einer Kostensteigerung für die Wissenschaft. Ein besonderes Augenmerk sollte deshalb auf Finanzierungsmodelle und -praktiken gelegt werden, bei denen Kosten und ihre Entwicklung transparent gemacht werden und Autor*innen bzw. die Wissenschaft insgesamt Gegenleistungen erhalten. Entsprechende Initiativen in Bezug auf Finanzierung durch den Wellcome Trust und Jisc haben inzwischen auch Nachahmung in Deutschland gefunden. Mit ESAC (Efficiency and Standards for Article Charges) hat sich eine Initiative gegründet, die die Abwicklung solcher Kosten effizient und transparent gestalten möchte.

Literatur

Weiterführende Literatur