Rechtsfragen in Deutschland

Intro

Im Zusammenhang mit Open-Access-Strategien ergeben sich zahlreiche rechtliche Fragen für Publizierende oder Betreiber*innen von Publikationsplattformen. Zum Beispiel zum Zweitverwertungsrecht beim Betrieb von Open-Access-Repositorien. Hinzu kommen Haftungsfragen für Betreiber*innen von Publikationsplattformen wie etwa Repositorien und Universitätsverlage. Auf diesen Seiten finden Sie einführende Informationen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland, die im Zusammenhang mit dem Thema Open Access relevant sind. Bitte beachten Sie, dass die hier dargestellten Inhalte nur der Information dienen und keine rechtsverbindlichen Auskünfte sind.

Beim Publizieren müssen Publizierende und Betreiber*innen von Publikationsplattformen die rechtlichen Rahmenbedingungen einhalten. Im Vordergrund steht hier neben dem Bürgerlichen Recht insbesondere das Urheberrecht.

In Folge diverser Urheberrechtsreformen auf Ebene der Europäischen Union und in Deutschland wurde das Urheberrecht auch im Hinblick auf die digitalen Möglichkeiten in der Wissenschaft und im Publikationswesen grundlegend aktualisiert. Hiermit wurden auch Möglichkeiten für die Zweitverwertung geschaffen. Unabhängig davon erlauben viele Verlage inzwischen eine Zweitverwertung in institutionellen Repositorien, allerdings oft verbunden mit Auflagen wie zeitlichen Sperrfristen zwischen der verlagsgebundenen Erstveröffentlichung und der Zweitverwertung im Internet. Die Open-Access-Policies vieler Verlage sind in der Sherpa-Romeo-Liste veröffentlicht. Maßgeblich für die Frage, ob und in welcher Form eine Zweitverwertung gestattet ist, ist jedoch der Inhalt des mit dem Verlag geschlossenen Lizenzvertrags. Die Sherpa-Romeo-Liste ist ein Hinweis, ob eine Nachverhandlung mit dem Verlag erfolgversprechend ist, sofern der geschlossene Lizenzvertrag eine Zweitverwertung verbietet. Ob und wie eine Zweitverwertung möglich ist, muss daher immer im Einzelfall geprüft werden.

Um Autor*innen und Nutzer*innen von Open-Access-Inhalten Rechtssicherheit zu geben, sollten diese möglichst bereits mit der Erstveröffentlichung unter einer Open-Content-Lizenz verbreitet werden. Für die Betreiber von Repositorien sind vor allem haftungsrechtliche Risiken, die mit dem Betrieb der Repositorien verbunden sind, von Bedeutung. Insbesondere bei der Veröffentlichung von Daten können ggfls. auch Datenschutzaspekte oder Persönlichkeitsrechte eine Rolle spielen.

Urheberrecht

Das Urheberrecht regelt die Beziehung der Kreativen zu den von ihnen geschaffenen Werken in ideeller und immaterieller Hinsicht, aber auch wie die Werke materiell verwertet werden und inwiefern Kreative einen Schutz ihrer Werke beanspruchen können. So findet sich in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 in Art. 27 Abs. 2 die Bestimmung, dass jeder Mensch das Recht auf einen Schutz seiner ideellen und materiellen Interessen hat, die sich aus der wissenschaftlichen, literarischen und künstlerischen Produktion ergeben. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik hat diesen Gedanken seinerseits aufgegriffen im Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, Art. 2 GG, dem Recht der Kunstfreiheit, Art. 5 Abs. 3 GG und der Garantie des Eigentums, Art 14 GG.

Konkretisiert wird dies für das Gebiet der Bundesrepublik auf einfachgesetzlicher Ebene durch das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) und das Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (VGG). Da Urheberrecht nationales Recht ist, weicht die Gestaltung des Urheberrechts in anderen Staaten von der in Deutschland gewählten Ausgestaltung ab. Sachverhalte mit grenzüberschreitenden Bezügen zu anderen Staaten, die außerhalb der EU liegen, werden durch internationale Verträge geregelt, denen die Bundesrepublik beigetreten ist. Hier sind vor allem die Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (RBÜ), das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des Geistigen Eigentums (TRIPS) sowie der WIPO-Urheberrechtsvertrag (WCT) zu nennen. Darüber hinaus gibt es eine Reihe internationaler Verträge, die Leistungsschutzrechte, also dem Urheberrecht verwandte Schutzrechte betreffen. Innerhalb der EU wurden viele Aspekte des Urheberrechts durch Richtlinien, die von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen waren, vereinheitlicht.

Im Mittelpunkt des Urheberrechts stehen die Urheber*innen. Es regelt ihre Beziehungen zu ihren Werken der Literatur, Wissenschaft oder Kunst. Der Begriff des “Werks” ist für das Urheberrecht damit zentral. Urheberrechtlich schutzfähig ist nach § 2 Abs. 2 UrhG ein “Werk” in diesem Sinn nur, wenn es die Anforderungen an die “Schöpfungshöhe” erfüllt:

Es muss sich um ein Ergebnis eines menschlichen Schaffensprozesses handeln, das eine persönliche Schöpfung in einer wahrnehmbaren Formgestaltung aufweist, die einen geistigen Gehalt sowie eigenpersönliche Prägung besitzt. Aus der “persönlichen geistigen Schöpfung” muss die Individualität des Urhebers erkennbar sein. Die im Werk enthaltenen Ideen, Fakten und Informationen selbst sind nicht geschützt. Wahrnehmbare Formgestaltungen erscheinen gem. § 2 Abs. 1 UrhG z.B. in Form von Texten, Reden, Computerprogrammen, Musik, Gemälden, Skulpturen, Gebäuden, Fotografien, Filmen sowie technischen Darstellungen und Plänen. Von dem urheberrechtlichen Werkschutz zu unterscheiden ist das Eigentum am Werkstück selbst: Das Eigentum am Werkstück kann im Wirtschaftsverkehr weitergegeben werden, das Urheberrecht verbleibt immer bei den Urheber*innen, auch wenn anderen Verwertungsrechte eingeräumt wurden. Eigentümer des Werkstücks und Inhaber der Urheberrechte sind nicht nowendigerweise die gleiche Person.

Neben dem Werkschutz nach § 2 Abs. 2 UrhG können Gegenstände des geistigen Schaffens auch im Rahmen von “verwandten Schutzrechten” nach §§ 70 ff. UrhG urheberrechtlich geschützt sein. Der Schutz knüpft dabei nicht an die Werkqualität an, sondern (je nach Art des verwandten Schutzrechts) an andere Aspekte, die aus Sicht des Gesetzgebers den Wert ausmachen: Beim Datenbankrecht nach § 87b UrhG ist unter anderem Voraussetzung für den Schutz, dass eine wesentliche Investition und Aufwand zur Erstellung der Datenbank erforderlich waren. Bei wissenschaftlichen Ausgaben nach § 70 UrhG ist eine Voraussetzung, dass die wissenschaftliche Ausgabe auf einer wissenschaftlich sichtenden Tätigkeit beruht. Erfüllt ein Werk oder ein sonstiges Schutzobjekt die Anforderungen nicht, ist es nicht urheberrechtlich geschützt.

Der urheberrechtliche Schutz entsteht mit der Schöpfung eines Gegenstandes, der die soeben beschriebenen Schutzvoraussetzungen erfüllt, d. h. eine Registrierung ist nicht erforderlich. Leisten mehrere Personen einen eigenständigen schöpferischen Beitrag zu einem Werk, so werden sie zu Miturhebern (§ 8 Abs. 1 UrhG), wenn sich der einzelne Beitrag nicht extrahieren und gesondert verwerten lässt. Dies bedeutet, dass alle derart Beteiligten nach den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes geschützt werden, aber auch nur gemeinsam über ihre daraus resultierenden Befugnisse verfügen können. Aus einem etwaigen Verwertungserlös können sie nur den ihnen gebühren Anteil in Höhe ihres Beitrages erlangen, wenn nicht besondere Vereinbarungen getroffen sind, § 8 Abs. 2, 3 UrhG.

Inhalt des Urheberrechts

Die aus dem Urheberrecht resultierenden Rechte der Urheber*innen lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Es sind dies einerseits die im Grundsatz unveräußerlichen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse und andererseits die Befugnisse zur wirtschaftlichen Verwertung des Werkes.

Die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse stellen sinnbildlich die unzertrennliche Nabelschnur zwischen Urheber*innen und Werken dar, durch die Urheber*innen dauerhaft mit dem Werk verbunden bleiben. Sie gewähren ihnen zuvörderst die Befugnis darüber zu entscheiden, ob ihr Schaffensergebnis überhaupt veröffentlicht wird (Erstveröffentlichungsrecht, §12 UrhG). Sie können nach einer Veröffentlichung beanspruchen, dass bei dem Werk ihr Name oder Pseudonym genannt wird (§13 UrhG). Schließlich können sie sich stets gegen Entstellungen ihres Werkes zur Wehr setzen (§14 UrhG). Auch wenn diese Rechte im Gesetz als unveräußerliche Befugnisse angelegt sind, wird dies in der Praxis oft anders gehandhabt.

Die Verwertungsrechte sichern den Urheber*innen vor allem die Befugnis, Dritten die Benutzung ihres geistigen Eigentums zu gestatten, gegebenenfalls gegen Zahlung eines Entgelts. Dabei kann diese Erlaubnis in persönlicher, sachlicher, räumlicher und zeitlicher Reichweite beschränkt oder aber so umfassend erteilt werden, dass derjenige, dem die Erlaubnis erteilt wird, in wirtschaftlicher Hinsicht in die Position der Urheber*innen einrückt. Nutzungsrechte können als einfache oder ausschließliche (“exklusive”) Nutzungsrechte erteilt werden. Räumen Urheber*innen mehreren Personen gleichermaßen das Recht ein, das Werk auf eine ganz bestimmte Art und Weise zu nutzen, wird ein einfaches Nutzungsrecht erteilt. Lizenznehmer*innen müssen dulden, dass das Werk neben ihnen selbst gleichzeitig auch noch von anderen auf die gleiche Art und Weise genutzt wird und die Urheber*innen weiterhin die Befugnis behalten, weiteren Dritten die Benutzung ihres geistigen Eigentums zu gestatten.

Beispiel:

Räumt eine Autorin Betreiber*innen eines Repositoriums ein einfaches Nutzungsrecht zur Veröffentlichung Ihres Artikels im Repositorium ein (umfasst die Einräumung sämtlicher hierfür erforderlichen Verwertungsrechte wie z. B. das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht, Recht zur Online-Bereitstellung), kann sie den Artikel auch noch in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichen und dem Verlag die hierfür erforderlichen Nutzungsrechte einräumen. Erst wenn sie einem Verlag ausschließliche Nutzungsrechte für die Veröffentlichung in einer Zeitschrift eingeräumt hat, kann sie anderen keine Nutzungsrechte für diese Form der Nutzung mehr einräumen.

Ausschließliche oder exklusive Nutzungsrechte berechtigen die Lizenznehmer*innen, Dritte von einem Gebrauchmachen der ihm ausschließlich – exklusiv – eingeräumten Befugnisse in Bezug auf das betreffende Werk so auszuschließen, wie es sonst nur die Urheber*innen selbst können. Bei Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte für eine bestimmte Nutzung können Urheber*innen weiteren Dritten für dieselbe Nutzung keine Rechte mehr einräumen.

Beispiel:

Räumt eine Autorin einem Verlag ausschließliche Nutzungsrechte zur Veröffentlichung Ihres Artikels in einer Zeitschrift ein (umfasst die Einräumung sämtlicher hierfür erforderlichen Verwertungsrechte wie z. B. das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht, Recht zur Online-Bereitstellung als ausschließliche Nutzungsrechte), kann sie den Artikel später grundsätzlich zunächst nicht mehr in einem Repositorium zweitveröffentlichen, wenn sie sich dieses Recht nicht im Vertrag vorbehalten hat (zum Zweitveröffentlichungsrecht siehe unten).

Schrankenregelungen des Urheberrechts

Ausschließlich Urheber*innen steht nach dem soeben Gesagten im Grundsatz das Recht zu, anderen die Nutzung ihres geistigen Eigentums zu gestatten oder sie von der Nutzung auszuschließen. Diese Ausschließlichkeit hat der Gesetzgeber jedoch mit Blick auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums dahingehend eingeschränkt, dass er die Nutzung fremden geistigen Eigentums in bestimmten Fällen ausnahmsweise von Gesetzes wegen zulässt, wenn dies im überragenden Interesse der Allgemeinheit liegt. In den Schranken des Urheberrechts, §§ 44a ff. UrhG, werden Nutzer*innen dadurch Befugnisse zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Gegenstände eingeräumt, die Urheber*innen in der Regel nicht verbieten dürfen.

Im Kontext Forschung und Lehre sind folgende Schrankenregelungen besonders bedeutsam:

  • Zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch dürfen 75 Prozent eines Werkes vervielfältigt werden (§ 60c Abs. 2 UrhG).
  • Bis zu 15 Prozent eines Werkes dürfen für die nichtkommerzielle Forschung für folgende Personenkreise vervielfältigt, verbreitet und online bereitgestellt werden (§ 60c Abs. 1 UrhG):
    • für einen bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren eigene wissenschaftliche Forschung (Zugangsbeschränkung auf genau diesen Personenkreis) sowie
    • für einzelne Dritte, soweit dies der Überprüfung der Qualität wissenschaftlicher Forschung dient.
  • Abbildungen, einzelne Beiträge aus derselben Fachzeitschrift oder wissenschaftlichen Zeitschrift, sonstige Werke geringen Umfangs und vergriffene Werke dürfen zu Forschungszwecken vollständig vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden (§ 60c Abs. 3 UrhG)
  • Zur Veranschaulichung des Unterrichts und der Lehre an Bildungseinrichtungen dürfen zu nicht kommerziellen Zwecken bis zu 15 Prozent eines veröffentlichten Werkes vervielfältigt, verbreitet, online bereitgestellt und in sonstiger Weise öffentlich wiedergegeben werden:
    • für Lehrende und Teilnehmende der jeweiligen Veranstaltung,
    • für Lehrende und Prüfende an derselben Bildungseinrichtung sowie
    • für Dritte, soweit dies der Präsentation des Unterrichts, von Unterrichts- oder Lernergebnissen an der Bildungseinrichtung dient (§ 60c Abs. 1 UrhG).
  • Zum Zweck des Text und Data Mining dürfen Werke vervielfältigt werden:
    • Für nichtkommerzielle Forschungszwecke ergeben sich die Voraussetzungen aus § 60d UrhG.
    • Für kommerzielle Forschungszwecke und alle anderen Zwecke ergeben sich die Voraussetzungen aus § 44b UrhG.

Daneben gibt es eine Reihe weiterer Einschränkungen der Verfügungsgewalt der Urheber*innen zu Gunsten von Bibliotheken, Archiven, Museen und anderen Dritten, die am Aus- und Weiterbildungsprozess der Öffentlichkeit beteiligt sind.

Für die Nutzung ihres Werks im Rahmen der Schrankenregelungen erhalten Urheber*innen in der Regel eine Vergütung. Durch Verwertungsgesellschaften wie z. B die GEMA oder die VG WORT wird von den Herstellern und Importeuren die sogenannte Geräte- und Leermedienvergütung erhoben, die an die Urheber*innen von den Verwertungsgesellschaften ausgeschüttet wird. Für andere Nutzungen wird die Vergütung aufgrund von Verträgen direkt an die GEMA und VG Wort abgeführt. Dies setzt allerdings bisweilen die Mitgliedschaft der Urheber*innen in der Verwertungsgesellschaft, wenigstens aber eine Meldung des Werks an die Verwertungsgesellschaft – so z. B. im Falle der VG WORT – voraus.

Im Übrigen können die Urheber*innen aber ihre Rechtsbeziehungen zu Dritten bezüglich eines von ihnen geschaffenen Werks frei regeln. Das bedeutet, dass sie in der Lage sind, mit Vertragspartner*innen ihrer Wahl einen weitestgehend inhaltlich frei gestaltbaren Vertrag über die Gestattung der Nutzung ihres geistigen Eigentums zu von ihnen festzulegenden Konditionen auszuhandeln (“Lizenzvertrag”). In der Praxis kommt es bisweilen dazu, dass wirtschaftlich überlegene Verwertende den Urheber*innen ihre Bedingungen aufzwingen. Allerdings können Urheber*innen auch eine freie Lizenz vergeben, die Nutzungswilligen die Nachnutzung unentgeltlich in einer den Urheber*innen genehmen Art und Weise gestattet. Hierzu wird häufig auf standardisierte Lizenzmodelle wie Open-Source-Lizenzen (z. B. die GNU General Public Licence) oder Open-Content-Lizenzen (z.B. von Creative Commons) zurückgegriffen.

Besonderheiten ergeben sich für in Arbeits- oder Dienstverhältnissen geschaffene, urheberrechtlich schutzfähige Gegenstände. Zwar bleibt hier aufgrund der Unveräußerlichkeit das Urheberrecht bei den Urheber*innen. Der Arbeitgeber oder Dienstherr erwirbt jedoch an Werken, die im Rahmen einer von ihm angeordneten weisungsgebundenen Tätigkeit der Arbeitnehmer*innen entstanden sind, spätestens mit deren Ablieferung – wozu Urheber*innen aufgrund des Arbeitsvertrages verpflichtet sein können – das Recht zur Nutzung des Werks. Von dieser Grundregel können im Arbeitsvertrag abweichende Bestimmungen getroffen werden.

Von der soeben beschriebenen Grundregel grundsätzlich ausgenommen sind Hochschullehrende und wissenschaftliches Personal, die weisungsfrei forschen. Sie unterliegen bei weisungsfreier Forschung auch nicht der Pflicht, ein etwa im Rahmen dieser Tätigkeit entstandenes Werk der sie beschäftigenden Einrichtung anzubieten. Erfolgt jedoch die Forschungstätigkeit aufgrund einer konkreten Weisung, unterliegen auch Hochschullehrende und wissenschaftliches Personal der oben beschriebenen Regelung.

Eine weitere Besonderheit gilt seit dem 1. Januar 2014, die Urheber*innen wissenschaftlicher Beiträge privilegiert.

Haben Urheber*innen

  • einen wissenschaftlichen Beitrag im Rahmen einer Forschungstätigkeit verfasst,
  • die mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln gefördert wird oder wurde, die nicht dem Grundhaushalt einer öffentlichen Forschungseinrichtung oder Hochschule entstammen,
  • und wurde der Beitrag in einer periodisch, wenigstens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung – insbesondere einem wissenschaftlichen Journal – veröffentlicht,

dürfen sie nach § 38 Abs. 4 UrhG nach Ablauf einer Frist von zwölf Monaten ab der Erstveröffentlichung ihren Beitrag in der akzeptierten Manuskriptversion zu nicht gewerblichen Zwecken unter Nennung der Quelle der Erstveröffentlichung öffentlich zugänglich machen, also online bereitstellen. Gestattet ist nur die Online-Bereitstellung, eine Zweitverwertung im Rahmen einer gedruckten Publikation ist nicht erfasst.

Von den Bestimmungen nach § 38 Abs. 4 UrhG kann vertraglich nicht abgewichen werden, selbst wenn die Urheber*innen einem Dritten – etwa einem wissenschaftlichen Verlag – ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt haben.

Diese recht sperrige Regelung ist Ergebnis eines Kompromisses, der insbesondere von Seiten der Verlage kritisiert wird. Auch wenn die Urheber*innen keine Zweitverwertungspflicht trifft, besteht nunmehr doch die Möglichkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse nicht mehr nur über die klassischen wissenschaftlichen Zeitschriften monopolisiert zu verbreiten, sondern es wird ein weiterer Kommunikationskanal eröffnet.

An der Regelung wird kritisiert, dass nur Beiträge erfasst sein sollen, die aus mit Drittmitteln finanzierten Projekten hervorgegangen oder an mit öffentlichen Mitteln finanzierten außeruniversitären Forschungseinrichtungen entstanden sind. Dies benachteilige die aus dem Grundhaushalt finanzierte Forschungstätigkeit und verstoße damit gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der Wortlaut müsse daher weiter verstanden werden und alle mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanzierten wissenschaftlichen Beiträge erfassen. Gerichtsentscheidungen liegen noch nicht vor.

Auch wenn heute noch viele Einzelfragen zur gesetzlichen Regelung offen sind, kann bereits als gesichert gelten, dass mit der akzeptierten Manuskriptversion diejenige gemeint ist, die nach Durchlaufen des Qualitätssicherungsprozesses (Review-Verfahren) zur Veröffentlichung vorgesehen, also mit der Erstveröffentlichung inhaltlich identisch ist und sich von dieser nur durch einen Verzicht auf das Verlagslayout und das Verlagslogo unterscheidet. Das Zweitverwertungsrecht erlaubt nicht, dass der wissenschaftliche Beitrag unter einer Open-Content-Lizenz bereitgestellt wird. Auch darf die Zweitverwertung nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgen, etwa sofern durch die Zweitpublikation eine Honorarforderung begründet wird.

Sehr hilfreich in diesem Zusammenhang sind auch die FAQ zum Zweitveröffentlichungsrecht, veröffentlicht von der Arbeitsgruppe "Rechtliche Rahmenbedingungen" der Schwerpunktinitiative "Digitale Information" der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen oder der Vortrag „Zweitveröffentlichungsrecht für Wissenschaftler*innen“. 

Sherpa Romeo

Auch wenn dem Verlag ausschließliche Nutzungsrechte an einem Werk eingeräumt wurden, besteht die Möglichkeit, dass der Verlag eine Parallelveröffentlichung auf der eigenen Homepage oder im Repositorium auf Nachfrage gestattet. Maßgeblich dafür, ob eine Parallelveröffentlichung erlaubt ist, ist der Lizenzvertrag der Autor*innen mit dem Verlag. Sofern im Vertrag eine Parallelveröffentlichung nicht erwähnt ist, ist sie nicht gestattet. Daran sind die Autor*innen gebunden. Sie können jedoch in der Sherpa-Romeo-Datenbank prüfen, ob die Policy des jeweiligen Verlags eine Parallelveröffentlichung gestattet. Die Angaben in der Sherpa Romeo-Datenbank binden den Verlag jedoch nicht und gestatten den Autor*innen daher auch keine Parallelveröffentlichung, wenn dies im Vertrag der Autor*innen mit dem Verlag nicht vorgesehen ist. Die Angaben in der Sherpa-Romeo-Datenbank geben jedoch Hinweise, ob eine Nachverhandlung der Rechte erfolgversprechend ist. Eine fortlaufende Aktualisierung der Sherpa-Romeo-Datenbank erfolgt durch die Fachcommunity.

Bereitstellen von Dokumenten auf Publikationsplattformen

Immer wieder stellt sich Autor*innen und Betreiber*innen von Publikationsplattformen die Frage, ob ein bestimmtes Dokument ohne die Gefahr einer Verletzung von Rechten Dritter auf der eigenen Webseite oder im auf einer Publikationsplattform (z. B. einem Repositorium) öffentlich zugänglich gemacht werden darf. Die Beantwortung dieser Frage richtet sich maßgeblich danach, welche Rechte Autor*innen am zu veröffentlichenden Werk (noch) zustehen: Ist das Dokument bereits veröffentlicht worden, wurden ggfls. bereits Dritten – z. B. einem Verlag im Rahmen einer Lizenz – Rechte am Dokument eingeräumt. Sofern dem Verlag ausschließliche Nutzungsrechte (auch „exklusive“ Nutzungsrechte genannt) eingeräumt wurden und eine Veröffentlichung in einem Repositorium im Rahmen der Lizenz nicht explizit gestattet ist, können sie von Autor*innen nicht ein zweites Mal vergeben werden. Ferner ist entscheidend, ob Autor*innen das Zweitverwertungsrecht gem. § 38 Abs. 4 UrhG zusteht. Schließlich kann die Befugnis zur Zweitverwertung (etwa in einem Repositorium oder in einem eigenen Archiv) auch im Rahmen von Nachverhandlungen mit dem Verlag wieder eingeräumt werden.

Es muss daher von Fall zu Fall geprüft werden, ob die Zweitverwertung unbedenklich ist. Die folgenden Sachverhalte geben einen Überblick, was rechtlich zu beachten ist.

Alle Rechte liegen bei den Urheber*innen

Haben die Urheber*innen eines urheberrechtlich geschützten Gegenstandes noch keinen Vertrag über die Nutzung des Werkes mit Dritten (z. B. einem Verlag) abgeschlossen, liegen sämtliche Urheberrechte noch bei den Urheber*innen. Dann ist eine Veröffentlichung im Medium der Wahl der Autor*innen rechtlich ohne Weiteres möglich. Soll das Werk in ein Repositorium aufgenommen oder bei einem Verlag z. B. in einer Open-Access-Zeitschrift veröffentlicht werden, muss dies den Betreiber*innen des Repositoriums bzw. dem Verlag von den Urheber*innen im Rahmen eines Lizenzvertrags gestattet werden. Zur Veröffentlichtung beim Repositorium genügt es, den Betreiber*innen ein einfaches (also nicht ausschließliches) Nutzungsrecht „zur öffentlichen Zugänglichmachung (Online-Bereitstellung) des Werks über das Repositorium“ einzuräumen. Urheber*innen können ihr Werk auch bedenkenlos mit einer Open-Content-Lizenz versehen, die ein einfaches Nutzungsrecht zur öffentlichen Zugänglichmachung an jedermann vorsieht.

In vielen Fällen werden Publikationen heute bereits ausschließlich elektronisch über Repositorien veröffentlicht. Dies erfolgt insbesondere dann, wenn die einschlägigen Prüfungs-, Publikations- oder Promotionsordnungen der Universitäten oder die Förderbedingungen der Forschungsförderorganisationen eine Aufnahme einer Publikation ins Repositorium entweder ausdrücklich zulassen oder sogar zwingend vorsehen. Möglich sind auch Vereinbarungen betreffend duales Publizieren: Hier haben die Urheber*innen die Möglichkeit, neben der elektronischen Publikation im Repositorium eine Veröffentlichung über einen Verlag oder im Print-on-Demand vorzunehmen. Die Fallgestaltungen sind vielfältig und sollten mit den Repositorienbetreiber*innen besprochen werden.

Es wurden bereits einfache Nutzungsrechte am Werk eingeräumt

Haben die Urheber*innen einem Dritten bereits einfache Nutzungsrechte am Werk erteilt (z. B. Einstellung eines Preprints bei arXiv), hindert dies eine zusätzliche Veröffentlichung auf der eigenen Webseite oder in einem Repositorium nicht, da die Urheber*innen auch nach Einräumen einfacher Nutzungsrechte an einen Dritten in der Lage bleiben, anderen Dritten weitere einfache Nutzungsrechte einzuräumen und somit auch Betreiber*innen eines Repositoriums eine solche Befugnis erteilen können. Es können auch nach Erteilung von einfachen Nutzungsrechten noch ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt werden. Vertragspartner*innen sollte aber unbedingt vor Vertragsschluss mitgeteilt werden, dass anderen bereits einfache Nutzungsrechte eingeräumt wurden. Das gilt insbesondere dann, wenn das Werk bereits unter einer Open-Access-Lizenz veröffentlicht wurde.

Einem Verlag wurden ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt

Haben die Urheber*innen einem Dritten – z. B. einem Verlag – an ihrem Werk bereits ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt, sind folgende Fallgestaltungen zu differenzieren:

Werke, die vor 1995 veröffentlicht wurden

Bei Werken, die vor dem Jahr 1995 veröffentlicht wurden, konnten die Urheber*innen dem Verlag noch keine Nutzungsrechte einräumen, die eine Veröffentlichung über das Internet erlauben. Man spricht insoweit davon, dass vor 1995 die Möglichkeit, ein Werk über das Internet anzubieten, eine seinerzeit noch unbekannte Nutzungsart darstellt, so dass hierüber noch keine Verträge geschlossen werden durften. Allerdings hat der Gesetzgeber eine Übergangsregelung vorgesehen, die die Nutzung dieser Werke ermöglichen sollte: Danach gelten die Rechte für die bis 1995 neu entstandenen Nutzungsarten (insbesondere die Online-Bereitstellung über das Internet) als ebenfalls mitlizenziert, wenn

  • der vor 1995 geschlossene Lizenzvertrag eine umfassende räumlich und zeitlich unbegrenzte Rechtseinräumung für alle im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Nutzungsmöglichkeiten als ausschließliche Nutzungsrechte umfasste,
  •  nach dem 01.01.2008 keine abweichende Vereinbarung mit den Autor*innen geschlossen wurde, und
  • sie auch keinen Widerspruch eingelegt hatten (§ 137l UrhG).

Sind die Voraussetzungen erfüllt, darf der Vertragspartner (im Zweifel der Verlag) das Werk auch öffentlich zugänglich machen.

Werke, die nach 1995 veröffentlicht wurden

Bei Werken die 1995 und später veröffentlicht wurden, kommt es darauf an, ob die Einräumung von ausschließlichen Nutzungsrechten an den Dritten – z. B. den Verlag – das Recht zur Zugänglichmachung über das Internet umfasste oder nicht. Soweit sich dies nicht ausdrücklich aus der zwischen Urheber*innen und Dritten geschlossenen Vereinbarung ergibt, gilt gem. § 31 Abs. 5 UrhG, dass nur solche Nutzungsrechte eingeräumt sind, die zur Erreichung des Vertragszwecks eingeräumt werden müssen (Übertragungszwecklehre). Dies umfasst in jedem Fall das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes in gedruckter Form, aber nicht das Recht zur Online-Bereitstellung, wenn dies nicht explizit geplant war.

Gem. § 38 Abs. 1 S. 1 UrhG gilt für Beiträge, die die Urheber*innen zur Aufnahme in eine periodisch erscheinende Sammlung – z. B. eine Zeitschrift – durch einen Verleger freigeben, dass im Zweifel der Verleger das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung, Verbreitung und (ab dem 01.01.2014) öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes erhält, sofern zwischen den Autor*innen und dem Verlag keine explizite Regelung getroffen wurde. Diese Regelung kann auch in einem Halbsatz oder kurzen Kommentar einer E-Mail enthalten sein und muss nicht in einer bestimmten Form (etwa einem gedruckten Vertragsformular) vorliegen. Dieses Ausschließlichkeitsrecht ist jedoch auf eine Zeitspanne von einem Jahr ab dem Erscheinen des Beitrages begrenzt (§ 38 Abs. 1 S. 2 UrhG), sodass die Urheber*innen nach Ablauf der Jahresfrist wieder anderweitig einfache oder ausschließliche Nutzungsrechte einräumen dürfen.

Handelt es sich um einen Beitrag, der in einer nicht periodisch erscheinenden Sammlung – z. B. einem Tagungsband oder einer Festschrift – erschienen ist, gilt der Rechterückfall an die Urheber*innen nur dann, wenn sie für die Überlassung des Beitrages kein Honorar erhalten haben (§ 38 Abs. 2 UrhG). Eine Reihe von Verlagen legt diese Bestimmung allerdings sehr großzügig aus und gestattet die Parallelveröffentlichung selbst dann, wenn ein Honorar gezahlt wurde. Es sollte daher in jedem Fall bei dem Verlag angefragt werden, ob eine Parallelveröffentlichung gestattet ist.

Werke, die nach dem 01.01.2014 veröffentlicht wurden oder werden

Mit Wirkung vom 01.01.2014 hat der Gesetzgeber ein unabdingbares Zweitverwertungsrecht der Urheber*innen wissenschaftlicher Beiträge, die im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschung entstanden und in einem wenigstens zweimal jährlich erscheinenden Periodikum veröffentlicht wurden, geschaffen (§ 38 Abs. 4 UrhG). Hinsichtlich der öffentlichen Förderung gilt die Einschränkung, dass es sich um öffentliche Drittmittel handeln muss. Für Beiträge im Zusammenhang mit aus Grundmitteln finanzierter Forschungstätigkeit oder rein didaktischer Tätigkeit – z. B. von als Stiftungen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts betriebenen Universitäten – gilt das Zweitverwertungsrecht nicht. Diese Anforderung wird jedoch kritisiert, da sie zu einer Ungleichbehandlung zwischen Wissenschaftler*innen, deren Forschung aus Drittmitteln finanziert wird, und Wissenschaftler*innen, deren Forschung aus dem Grundhaushalt finanziert wird, führt und aus dem Wortlaut von § 38 Abs. 4 UrhG nicht hervorgeht.

Liegen jedoch die Voraussetzungen für eine Entstehung des Zweitverwertungsrechts vor, dürfen die Urheber*innen ihre wissenschaftlichen Beiträge in der akzeptierten Manuskriptversion (also der Version nach Durchlaufen des Qualitätsprüfungsprozesses aber noch vor Übertragung ins Verlagslayout) zu nicht gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich machen oder zugänglich machen lassen, sobald seit dem Tag der Erstveröffentlichung ein Jahr verstrichen ist. Es besteht jedoch keine Zweitverwertungspflicht. Entscheiden sich die Urheber*innen für eine Zweitverwertung, müssen sie die Quelle der Erstveröffentlichung angeben. Eine Zweitverwertung im Repositorium ist also in diesen Fällen rechtlich möglich. Eine Open-Access-Lizenz darf jedoch nicht vergeben werden.

Oft ist unklar, ob eine Veröffentlichung eines Dokumentes im Wege der Selbstarchivierung Rechte Dritter verletzt. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um einen ausländischen Verlag handelt und möglicherweise der Verlagsvertrag ausländischem Recht unterworfen ist.

In solchen Fällen empfiehlt sich, mit dem Verlag, dem ein Dokument zur Veröffentlichung und Verbreitung überlassen wurde, wegen der Parallelveröffentlichung eine Vereinbarung zu treffen.


Publizieren auf anderen Plattformen: Haftungsrecht

Es stellt sich die Frage, wer im Falle einer Verletzung von Rechten am geistigen Eigentum durch das Einstellen von Informationen auf einer öffentlich zugänglichen Webseite den hierdurch entstehenden Schaden zu ersetzen hat, also für eine Rechtsverletzung haftet. Vor allem die Betreiber*innen von Repositorien oder anderen Publikationsplattformen (z. B. Verlage) und die Autor*innen, die ihre Dokumente auf ihren eigenen Homepages zur Verfügung stellen, können haftungsrechtliche Risiken treffen, wenn sie ihr Verhalten im Vorfeld nicht zutreffend einschätzen. Dabei ist es möglich, die Risiken insbesondere durch eine sachgerechte Vertragsgestaltung zu minimieren.

Die Verletzung von Rechten am geistigen Eigentum kann darin liegen, dass in die Urheberrechte der Urheber*innen oder in die Dritten – z.B. einem Verlag – eingeräumten Nutzungsrechte eingegriffen wird. Bei Bereitstellung von Informationen auf Webseiten können Verletzte oft nur die Betreiber*innen der Webseite erkennen.

Wer eine Webseite betreibt, ist Diensteanbieter*in gemäß § 2 Nr. 1 Telemediengesetz (TMG) und kann auch Diensteanbieter*in nach § 2 Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) sein.

Webseitenbetreiber*innen haften nach dem Telemediengesetz nicht automatisch für eine Rechtsverletzung. Es ist zu unterscheiden, ob es sich bei dem rechtsverletzend öffentlich zugänglich gemachten Dokument für Webseitebetreiber*innen um einen „eigenen Inhalt“, einen „zueigen gemachten Inhalt“ oder einen „fremden Inhalt“ handelt.

Webseitenbetreiber*innen haften grundsätzlich für eigene Inhalte nach § 7 TMG:

Von einem „eigenen Inhalt“ spricht man, wenn Webseitenbetreiber*innen die Information selbst erstellt haben (z. B. ein eigener Aufsatz, eine Grafik, sonstiger Text). Dabei bedeutet „selbst erstellen“ nicht, dass die Webseitenbetreiber*innen die Einstellung auf der Webseite persönlich selbst vorgenommen haben, sondern es können auch Beschäftigte oder von ihnen beauftragte Dritte – z. B. Webdesigner - die Inhalte erstellt und eingestellt haben. Dabei muss auch die Information nicht erstmalig erstellt werden, sondern es genügt, dass eine bereits vorliegende eigene oder von einer anderen Person erstellte Information in die eigene Webseite integriert wird.

Das bedeutet aber auch, dass von anderen erstellte Informationen zu eigenen werden können, wenn sie von Webseitenbetreiber*innen übernommen werden. Für diese Inhalte sind Webseitenbetreiber*innen gem. § 7 TMG verantwortlich.

“Fremde Informationen“ liegen vor, wenn sie von einem Dritten eingegeben und in die Webseite integriert wurden, ohne dass Webseitenbetreiber*innen davon Kenntnis erlangen und über die auch keine Kontrolle besteht, so z. B. bei von Nutzer*innen auf der Plattform bereitgestellten Informationen (z. B. Social Media Posts). Für fremde Inhalte sind Webseitenbetreiber*innen nach § 10 TMG nicht verantwortlich.

Betreiber*innen einer Webseite haften jedoch auch für Inhalte, die sie sich so zu eigen machen und in ihre Webseite integrieren, dass sie für Betrachter der Webseite als Inhalte erscheinen, die von den Betreiber*innen der Webseite selbst erstellt wurden. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn Webseitenbetreiber*innen – selbst oder durch Beschäftigte oder beauftragte Dritte – fremde Informationen vor einer Übernahme auf die eigene Webseite redaktionell prüfen oder aufbereiten oder fremde Informationen ohne Kennzeichnung in die eigene Webseite integrieren. Von Verantwortlichen können Verletzte vor allem verlangen, dass die Verletzung beseitigt, unterlassen und der durch die schuldhafte Verletzung von Urheber- oder ausschließlichen Nutzungsrechten entstandene Schaden ersetzt wird (§ 97 UrhG).

Eine Haftung nach Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz setzt voraus, dass über den Dienst der Öffentlichkeit Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken verschafft wird, die von Nutzenden des Dienstes hochgeladen worden sind (§ 1 UrhDaG). Dabei fallen nur Diensteanbieter*innen in den Anwendungsbereich, über deren Dienste unter anderem eine große Menge an von Nutzenden hochgeladene Inhalte veröffentlicht werden und die zum Zweck der Gewinnerzielung handeln, indem sie z. B. durch Werbung Einnahmen generieren (§ 2 UrhDaG).

Sofern das UrhDaG anwendbar ist, können sich die Diensteanbieter*innen nicht auf die Haftungsprivilegierung aus § 10 S. 1 TMG berufen.

Das UrhDaG regelt in erster Linie, dass Diensteanbietende Lizenzverträge mit den Urheber*innen abschließen müssen (§ 5 UrhDaG), um die Vergütung der Urheber*innen sicherzustellen, auch wenn Nutzer*innen der Plattform die Inhalte hochgeladen haben. Die von den Diensteanbietenden geschlossenen Lizenzverträge gelten dann auch für die Nutzung durch die Nutzer*innen der Plattformen (§ 6 UrhDaG). Kann eine Lizenz von Urheber*innen nicht erworben werden, müssen die Inhalte gesperrt werden und eine Online-Bereitstellung für die Zukunft verhindert werden (§§ 7 und 8 UrhDaG).

Risiken beim Betrieb von Repositorien und anderen Publikationsplattformen (z. B. Universitätsverlage)

Repositorien sind von der Geltung des Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes nach § 3 Nr. 2 UrhDaG explizit ausgenommen. Daher stellt sich bzgl. der Haftung für rechtsverletzende Inhalte nur die Frage, ob sie nach Telemediengesetz haften.

Für die Haftung nach Telemediengesetz ist daher entscheidend, ob Betreiber*innen eines Repositoriums bei Bereitstellung des Dokuments zum öffentlichen Abruf über das Internet für Autor*innen einen „fremden Inhalt“ oder einen „eigenen Inhalt“ bereithalten. Denn auch ein Repositorium ist nüchtern betrachtet eine Webseite, die spezielle, ausgewählte Inhalte aufweist. Wäre das Dokument ein fremder Inhalt, wäre der Betreiber aufgrund der Privilegierung gem. § 10 TMG für die Verletzung von Rechten Dritter nicht verantwortlich.

Problematisch hieran ist jedoch, dass die Aufnahme eines Dokuments in ein Repositorium nicht ohne einen vorgeschalteten Prozess der redaktionellen Auswahl und ggf. einer Bearbeitung des aufzunehmenden Dokuments erfolgt, sodass regelmäßig zumindest ein Zueigenmachen anzunehmen ist, auch wenn die Autor*innen selbst als Verfasser*innen genannt werden. Folglich besteht die Gefahr, dass Betreiber*innen eines Repositoriums im Falle der Verletzung von Urheber- oder ausschließlichen Nutzungsrechten Dritter – etwa eines Verlages – auf Beseitigung des Dokuments aus dem Repositorium, Unterlassung der (Wieder-) Aufnahme des Dokuments ins Repositorium und Zahlung eines Schadensersatzes in Anspruch genommen werden.

Die Haftung der Repositorienbetreiber*innen auf Beseitigung und Unterlassung ist unvermeidlich. Jedoch können Repositorienbetreiber*innen die Gefahr finanzieller Einbußen durch die Verpflichtung zur Zahlung eines Schadensersatzes durch eine sachgerechte Gestaltung der Verträge mit Autor*innen, die ihre Dokumente den Repositorienbetreiber*innen zur Aufnahme anbieten, reduzieren. So schlägt Prof. Dr. Andreas Wiebe LL.M. (Virginia) in einem Gutachten vor, folgende Formulierung in solchen Vereinbarungen aufzunehmen:

„Der Autor verpflichtet sich den Repositorienbetreiber von solchen Ansprüchen Dritter freizustellen, die sich daraus ergeben, dass es aufgrund schuldhaft falscher Angaben des Autors bezüglich des Nichtbestehens von Rechten Dritter oder sonstiger von ihm zu vertretenden Umständen durch die Veröffentlichung des Werks auf dem Repositorium zu einer Verletzung von Urheberrechten oder ausschließlichen Nutzungsrechten kommt. Dies gilt nicht, wenn die Verletzung auf einem vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verhalten des Repositorienbetreibers beruht und dem Autor nicht in gleicher Weise Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Im letzteren Fall erfolgt eine Aufteilung des Schadens unter Abwägung insbesondere der Verschuldensanteile.“ (Wiebe 2011, S. 113).

Alternativ kann auch die folgende Klausel verwendet werden, die auch die Verletzung von Datenschutz- und Persönlichkeitsrechten Dritter erfasst und eine Haftungsfreistellung beinhaltet:

„Der Lizenzgeber bestätigt, dass die oben genannte Nutzung der Materialien und Metadaten keine Rechte Dritter verletzt (z. B. Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte, Datenschutz). Im Fall der Mitwirkung anderer an der Herstellung bestätigt der Lizenzgeber, dass sämtlichen Mitwirkenden der Inhalt dieser Vereinbarung bekannt ist und dass sie dieser zustimmen. Sofern der Repositorienbetreiber wegen der Verletzung von Rechten Dritter in Anspruch genommen wird, stellt der Lizenzgeber ihn frei, sofern er dies zu vertreten hat. Die Parteien arbeiten eng zusammen, um Rechtsverletzungen Dritter zu verhindern.“

Betreiber*innen von Repositorien müssen ein sogenanntes „Notice-and-take-down“-Verfahren vorsehen, wenn Rechte einer anderen Person durch eingestellte Informationen verletzt wurden: Werden Repositorienbetreiber*innen von Betroffenen kontaktiert, müssen sie die verletzenden Inhalte sperren und ggfls. löschen.

Forschungsorganisationen bieten Publikationsdienstleistungen (z. B. für wissenschaftliche Monografien, Open-Access-Zeitschriften oder Konferenzbände) ggfls. kostenpflichtig über eigene Publikationsplattformen und -dienste an (z. B. Hochschulverlage). Im Hinblick auf die Haftung nach Telemediengesetz gelten dieselben Grundsätze wie für Repositorien.

Bei kostenpflichtigen Dienstleistungen stellt sich aber die Frage, ob darüber hinaus das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz anwendbar sein könnte. Das UrhDaG ist grundsätzlich nur anwendbar, sofern digitale Publikationsdienstleistungen erbracht werden (digitaler Vertragsschluss, digitaler Abruf der Publikationen für Nutzende). Werden lediglich gedruckte Publikationsdienstleistungen erbracht, ist das UrhDaG nicht anwendbar. Allerdings ist eine Anwendbarkeit des UrhDaG wahrscheinlich auch nicht gegeben, wenn Forschungsorganisationen digitale Publikationsdienstleistungen erbringen: Zum einen veröffentlichen die Publizierenden in der Regel unter Abschluss einer eigenen Lizenzvereinbarung mit dem Hochschulverlag ihre eigenen Werke. Insofern werden schon keine “urheberrechtlich geschützten Inhalte Dritter” online bereitgestellt. Zum anderen dienen die erzielten Einnahmen aus Publikationsgebühren im Zweifel allein der Kostendeckung und ein darüberhinausgehender Gewinn (etwa direkt über Nutzungsgebühren oder indirekt durch Verkauf von Nutzerdaten oder Einspielen von Werbung) wird nicht erzielt. Insofern erfüllen insbesondere staatliche nicht-gewinnorientierte Angebote nicht die Anforderungen an die Gewinnorientierung in § 2 Abs. 1 Nr. 3 UrhDaG und die Voraussetzungen der Definition eines “Diensteanbieters” nach § 2 UrhDaG sind auch bei Erbringung von digitalen Publikationsdienstleistungen gegen Entgelt durch Forschungsorganisationen nicht erfüllt. Im Einzelfall wäre dies jedoch zu prüfen, da die Publikationsdienstleistungen sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können.

Risiken beim Bereitstellen auf der eigenen Homepage oder in Sozialen Netzwerken

Für Wissenschaftler*innen, die selbst erstellte Dokumente über eigene Webseiten öffentlich zugänglich machen möchten, besteht die größte Gefahr darin, dass sie mit dieser Handlung gegen Vereinbarungen mit Dritten – etwa einem Verlag – verstoßen. Haben die Urheber*innen einem Dritten bereits ausschließliche Nutzungsrechte auch für die Online-Bereitstellung (öffentliche Zugänglichmachung) an einem Werk eingeräumt, dürfen sie das Werk nicht mehr online bereitstellen, auch nicht über die eigene Webseite.

Das gleiche gilt, wenn Wissenschaftler*innen Inhalte in Sozialen Netzwerken wie z. B. Twitter, ResearchGate oder Academia.edu hochladen. Unbedenklich ist jedoch das Teilen von Links auf Inhalte, die auf anderen Webseiten veröffentlicht wurden, wenn die Inhalte nicht in die Webseite eingebettet sind und erkennbar auf externe bzw. fremde Webseiten verlinkt wurde.

Für den Fall der Übernahme von Inhalten, die von Dritten erstellt wurden, ergeben sich für die Betreiber*innen privater Webseiten dieselben Haftungsrisiken wie für Betreiber*innen eines Repositoriums.

Literatur

 

 

 

 

Bearbeitung der Seite: Elke Brehm (TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften und Universitätsbibliothek) (Stand: Januar 2024)