Rechtsfragen in der Schweiz

Intro

Im Zusammenhang mit Open-Access-Strategien oder etwa mit dem Betrieb von Open-Access-Repositorien und Open-Access-Zeitschriften ergeben sich zahl­reiche rechtliche Fragen. Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu den recht­lichen Rahmenbedingungen in der Schweiz, die im Zusammenhang mit dem The­ma Open Access relevant sind. Bitte beachten Sie, dass die hier dargestell­ten Inhalte nur der Information dienen und keine rechtsverbindlichen Auskünfte sind.

Urheberrecht

Die massgebenden Rechtsgrundlagen sind aus schweizerischer Perspektive das Urheberrechtsgesetz (URG) und mehrere internationale Abkommen, insbesondere der WIPO-Urheberrechtsvertrag (WIPO Copyright Treaty, WCT) und die Revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ).

Schutzobjekt des schweizerischen Urheberrechts sind Werke als "geistige Schöpfungen" (Art. 2 Abs. 1 URG), und zwar grundsätzlich unabhängig von ihrer Verkörperung in einem Werkexemplar. So ist z. B. nicht ein Auf­satz in einer bestimmten grafischen Gestaltung geschützt, sondern nur der Aufsatz "an sich".

Geistige Schöpfungen geniessen nur soweit den Schutz des Urheber­rechts, als sie "individuellen Charakter" haben (Art. 2 Abs. 1 URG). Bei den wissenschaftlichen Werken, die im Gesetz eigens erwähnt werden (Art. 2 Abs. 2 lit. a und d URG), ist der individuelle Charakter weniger im Inhalt des Werks zu suchen - denn der Inhalt wird stark durch die Sachlogik bestimmt -, sondern mehr in der konkreten sprachlichen bzw. stilistischen Gestaltung, in der Formulierung und Gliederung des Stoffes. Wissenschaftliche Publikationen geniessen in der Regel Urheberrechts­schutz, solange es sich nicht um die blosse Zusammenstellung von Daten handelt.

Das Urheberrecht der Schweiz besteht aus einer Reihe von Teilbefugnis­sen (Art. 9-15 URG). Dazu zählen zunächst die Verwendungsrechte wie z. B. die Rechte auf Vervielfältigung, Verbreitung und Zugänglichmachung des urheberrechtlichen Werks (Art. 10 URG). Darüber hinaus hat der Ur­heber das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und das Recht, über die Erstveröffentlichung des Werks zu entscheiden (Art. 9 URG) sowie das Recht auf Integrität seines Werks (Art. 11 URG). Daneben be­stehen Rechte, die sich auf einzelne Werkexemplare beziehen (Art. 13-15 URG) wie z. B. das Recht auf Zutritt zum Originalexemplar. Die einzelnen Befugnisse können wiederum weiter unterteilt werden. Bei Open-Access-Nutzungen und den in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Verträ­gen ist jeweils genau zu prüfen, welche Teilbefugnisse des Urheberrechts betroffen sind.

Das Urheberrecht unterliegt gewissen Schranken (Art. 19 ff. URG). Soweit die Verwendung eines Werks unter eine Schrankenbestimmung fällt, darf sie frei, d. h. auch ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers, erfolgen; sie unterliegt aber gegebenenfalls einer Vergütung (z.B. Art. 20 URG). Für Open-Access-Nutzungen von Interesse sind vor allem die Schranken bezüglich des persönlichen Gebrauchs (Art. 19 Abs. 1 lit. a URG), des betriebsinternen Gebrauchs (Art. 19 Abs. 1 lit. c URG) und der Anfertigung von Archivierungsexemplaren (Art. 24 Abs. 1 und 1bis URG).

Quelle: Hilty, R. M. und Seemann, M. (2009). Open Access - Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen im schweizerischen Recht (Rechtsgutachten zu Open Access, erstellt im Auftrag der Universität Zürich). https://doi.org/10.5167/uzh-30945

Veröffentlichte Werke (Text, Bild, Ton, Film, etc.) dürfen gemäss der Schrankenbestimmung von Artikel 25 Abs. 1 URG von jedermann zitiert werden, wobei das Zitat "der Erläuterung, als Hinweis oder zur Veran­schaulichung dienen muss" (sog. Belegfunktion des Zitats).

Unzulässig ist ein Zitat, welches beispielsweise nur zur schmückenden Illustration dient, also beispielsweise eine Abbildung ohne inhaltlichen Zusammenhang zum Text.

Des Weiteren muss der Umfang des Zitats durch den Zitatzweck gerecht­fertigt sein. Das heisst, man darf nur so viel eines Werkes als Zitat ver­wenden, wie es erforderlich ist. Das kann aber im Einzelfall auch ein ganzes Werk sein, beispielsweise ein Gedicht, wenn dies für eine Text­analyse notwendig ist.

Zitieren meint, das - in der Regel ausschnittsweise - wort- bzw. bild-, ton­getreue etc. Übernehmen eines geschützten Werkes. Das heisst im Um­kehrschluss, dass nicht oder nicht mehr geschützte Werke ohne Beach­tung von Art. 25 URG zitiert werden dürfen. Ebenfalls nicht von der Schranke der Zitatfreiheit (Art. 25 URG) wird das sog. Paraphrasieren geregelt. Eine Paraphrasierung ist die bloss sinngemässe Übernahme oder Zusammenfassung eines (geschützten) Textwerkes. Anders als beim Zitat gibt man bei der Paraphrasierung den Inhalt in eigenen Worten wieder.

Das Zitat muss als solches gekennzeichnet und die Quelle, aus welcher das Zitat stammt, muss ebenfalls genannt werden (Art. 25 Abs. 2 URG). Im Weiteren muss, sofern in der Quellenangabe die Urheberschaft ersichtlich ist, auch diese angegeben werden.

Wer ein Zitat nicht als solches ausweist, begeht ein Plagiat, weil Zitierende sich dadurch als Urheber*innen der Textstelle oder des Bildes etc. ausgeben. Urheber*innen, welche dadurch in ihrem Recht verletzt werden, können sich nach Art. 68 URG zur Wehr setzen.

Quelle: Kompetenzzentrum für digitales Recht (n.d.). Grundlagen des Urheberrechts: 5.5 Das Zitatrecht. https://ccdigitallaw.ch/index.php/german/chapters/5/55-das-zitatrecht

Bereitstellen von Dokumenten in Repositorien

In der Praxis stellt sich Autor*innen ebenso wie Repositorienbetreiber*innen oft die Frage: Dürfen wir dieses Dokument in Repositorien bereitstellen?

Viele Verlage erlauben zwar grundsätzlich eine Zweitveröffentlichung, allerdings unterscheiden sich die damit verbundenen Regelungen von Verlag zu Verlag. Was welche Verlage und Zeitschriften bei der Zweitveröffentlichung gestatten, zeigt die Sherpa Romeo-Liste.

Auch wenn nicht damit zu rechnen ist, dass ein Verlag, der mit der Open-Access-Bereitstellung eines Preprints oder Postprints im Internet nicht einverstanden ist, den eigenen Autor*innen gegenüber die Löschung gerichtlich durchsetzt, empfiehlt es sich, rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Es sollte deshalb von Fall zu Fall geprüft werden, ob die Einstellung unbedenklich ist. Die folgenden Sachverhalte geben einen Überblick, was rechtlich zu beachten ist.

Oft sind bei der Selbstarchivierung Sperrfristen (Embargofristen) zwi­schen Verlagspublikation und Open-Access-Bereitstellung oder spezielle Anforderungen des Verlags z. B. hinsichtlich der zu veröffentlichenden Version des Dokumentes oder eines Textzusatzes zu beachten. Verbreitet ist beispielsweise die Erlaubnis, gleichzeitig mit dem Erscheinen einer Verlagspublikation die Autorenversion des Dokuments als Postprint selbst zu archivieren, also die Version, die vom Verlag zur Publikation akzeptiert und begutachtet, aber noch nicht formatiert wurde (akzeptier­tes Manuskript). Anders als Preprints, also die beim Verlag eingereichte, noch nicht begutachtete Version, weichen Postprints in der Regel inhalt­lich nicht von der Verlagsversion ab.

Einige Verlage sind dazu übergegangen, die sofortige Selbstarchivierung unter Berücksichtigung einiger Auflagen zu erlauben. Autor*innen, deren Verlagsverträge entsprechende Passagen aufweisen, sollten diese bei der Anmeldung von Dokumenten in Repositorien angeben. Oft handelt es sich um spezielle Textzusätze, die dem Dokument bei der Bereit­stellung hinzugefügt werden sollen.

Beispiel: If you wish to post your version of this article within your institutional repository please include the following wording: Author Posting. (c) Publisher X, YYYY. This is the author's version of the work. It is posted here by permission of Publisher X for personal use, not for redistribution. The definitive version was published in Journal of XXX, VolumeXX Issue X, Month YYYY. https : // doi.org / XX.XXXX/XXXXXXX (Link zum doi).

Wurden bei der Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift keine Vereinbarungen zu den Urheberrechten getroffen, kommen in der Schweiz die Bestimmungen des Verlagsvertragsrechts des schweize­rischen Obligationenrechts zur Anwendung. Dort lautet Art 382 Abs. 3 OR: "Beiträge an Sammelwerke oder grössere Beiträge an Zeitschriften darf der Verlaggeber nicht vor Ablauf von drei Monaten nach dem voll­ständigen Erscheinen des Beitrages weiter veröffentlichen." Daher dürfen die Autor*innen wissenschaftliche Aufsätze wie etwa Zeitschriftenartikel, soweit sie vertieft ein Thema behandeln, drei Monate nach dem vollstän­digen Erscheinen in einem Repositorium oder auf einem anderen Server veröffentlichen. Dabei ist auf jeden Fall die Autorenversion (akzeptiertes Manuskript, Postprint) zulässig.

Nach Meinung des Rechtsgutachtens von Reto Hilty und Matthias Seemann kann auch die vom Verlag publizierte Version verwendet werden (Verlags-PDF), allerdings ohne kennzeichenrechtlich geschützte Verlagslogos. Es gibt zu dieser Frage des Formats aber keine gefestigte Gerichtspraxis.

Zu beachten ist, dass bei internationalen Verhältnissen, beispielsweise bei einem Dokumentenserver im Ausland, eventuell eine ausländische Rechtsordnung zur Anwendung gelangt.

Falls bei der Veröffentlichung in einem Sammelwerk (z. B. einer Festschrift) eine Vereinbarung zu den Urheberrechten getroffen wurde, beispielsweise in einem schriftlichen Verlagsvertrag, gelten die dort verwendeten Formulierungen.

Andernfalls gilt das Gleiche wie beim Einstellen von Zeitschriftenartikeln: Es kommen in der Schweiz die Bestimmungen des Verlagsvertragsrechts des schweizerischen Obligationenrechts zur Anwendung. Dort lautet Art. 382 Abs. 3 OR: "Beiträge an Sammelwerke oder grössere Beiträge an Zeitschriften darf der Verlaggeber nicht vor Ablauf von drei Monaten nach dem vollständigen Erscheinen des Beitrages weiter veröffentlichen." Daher dürfen die Autor*innen wissenschaftliche Aufsätze wie etwa Buchbeiträge, soweit sie vertieft ein Thema behandeln, drei Monate nach dem vollständigen Erscheinen in einem Repositorium oder auf einem anderen Server veröffentlichen. Dabei ist in jedem Fall die Autorenversion (akzeptiertes Manuskript, Postprint) zulässig.
Nach Meinung des Rechtsgutachtens von Reto Hilty und Matthias Seemann kann auch die vom Verlag publizierte Version verwendet werden (Verlags-PDF), allerdings ohne kennzeichenrechtlich geschützte Verlagslogos. Es gibt zu dieser Frage des Formats aber keine gefestigte Gerichtspraxis.

Zu beachten ist, dass bei internationalen Verhältnissen, beispielsweise bei einem Dokumentenserver im Ausland, eventuell eine ausländische Rechtsordnung zur Anwendung gelangt.

Viele Verlage erlauben inzwischen die Selbstarchivierung solcher Beiträge, auch wenn ein Honorar gezahlt wurde. Eine Anfrage beim Verlag kann sich daher lohnen.

Falls bei der Veröffentlichung in der Zeitung eine Vereinbarung zu den Urheberrechten getroffen wurde, beispielsweise in einem schriftlichen Verlagsvertrag, gelten die dort verwendeten Formulierungen.

Andernfalls kommen in der Schweiz die Bestimmungen des Verlagsver­tragsrechts des schweizerischen Obligationenrechts zur Anwendung. Dort lautet Art. 382 Abs. 2 OR: "Zeitungsartikel und einzelne kleinere Aufsätze in Zeitschriften darf der Verlaggeber jederzeit weiter veröffent­lichen." Das bedeutet, dass aktualitätsbezogene Berichte, z. B. Zeitungs­artikel, von den Autor*innen jederzeit in einem Repositorium oder auf einem anderen Server veröffentlicht werden dürfen. Dabei ist in jedem Fall die Autorenversion (akzeptiertes Manuskript, Postprint) zulässig. Nach Meinung des Rechtsgutachtens von Reto Hilty und Matthias Seemann kann auch die vom Verlag publizierte Version verwendet werden (Verlags-PDF), allerdings ohne kennzeichenrechtlich geschützte Verlagslogos. Es gibt zu dieser Frage des Formats aber keine gefestigte Gerichtspraxis.

Zu beachten ist, dass bei internationalen Verhältnissen, beispielsweise bei einem Dokumentenserver im Ausland, eventuell eine ausländische Rechtsordnung zur Anwendung gelangt.

Falls bei der Veröffentlichung einer Monografie eine Vereinbarung zu den Urheberrechten getroffen wurde, beispielsweise in einem schriftlichen Verlagsvertrag, gelten die dort verwendeten Formulierungen.

Andernfalls kommen in der Schweiz die Bestimmungen des Verlagsver­tragsrechts des schweizerischen Obligationenrechts zur Anwendung. Dort lautet Art. 382 Abs. 1 OR: "Solange die Auflagen des Werkes, zu de­nen der Verleger berechtigt ist, nicht vergriffen sind, darf der Verlaggeber weder über das Werk im Ganzen noch über dessen einzelne Teile zum Nachteile des Verlegers anderweitig verfügen." Daher dürfen die Autor*­innen Werke wie Monografien oder Lehrbücher nicht in Konkurrenz zum Verlag in einem Repositorium offen hinterlegen, solange die Auflage nicht vergriffen ist. Nicht korrekt zitierfähige Versionen, die keine echte Konkurrenz bedeuten, sind erlaubt, z. B. Dateien ohne Originalseiten­zahlen in Fächern, in denen seitengenau zitiert wird.

Zu beachten ist, dass bei internationalen Verhältnissen, beispielsweise bei einem Dokumentenserver im Ausland, eventuell eine ausländische Rechtsordnung zur Anwendung gelangt.

Für ältere Monografien bietet sich eine Nachfrage beim Verlag an. Mög­licherweise haben Verlage die Monografie bereits aus dem Programm genommen oder haben keine Einwände gegen die Einstellung der Monografie in einen Dokumentenserver.

Die meisten schweizerischen Universitäten ermöglichen die elektronische Publikation von Dissertationen. Zuständig für die digitale Publikation sind in der Regel die Hochschulbibliotheken, dort erhalten Sie die notwendi­gen Informationen. Autor*innen haben das Recht, ihre Dissertation unter eine freie Lizenz (Open-Content-Lizenz) zu stellen.

Enthält die Dissertation jedoch Teile, die schon anderweitig publiziert wurden oder noch werden, sind die Vorschriften der entsprechenden Verlagsverträge bzw. die dispositiven gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten und die Hinweise über das Einreichen von Manuskripten beim jeweiligen Journal oder Verlag zu beachten. Es kann daher angebracht sein, etwa nur einzelne Teile der Dissertation auf einem Repositorium zugänglich zu machen und andere Teile verschlossen zu halten. Im Übrigen gelten die Promotionsordnungen der jeweiligen Hochschule beziehungsweise Fakultät.

Innerhalb der Grenzen des IPRG (Bundesgesetz über das internationale Privatrecht) und des Lugano-Übereinkommens können Autor*innen und Verlage eine Vereinbarung über Gerichtsstand und anwendbares Recht treffen.

Ohne solche Vereinbarung ist zuerst abzuklären, ob ein schweizerischer Gerichtsstand gegeben ist, was z. B. dann der Fall ist, wenn der oder die Autor*in, gegen die oder den sich eine Klage richtet, ihren oder seinen Wohnsitz in der Schweiz hat. Das zuständige Gericht in der Schweiz be­stimmt dann das anwendbare Recht nach Massgabe des schweizerischen IPRG. Dabei ist zwischen vertragsrechtlichen Fragen (die einen Verlags­vertrag betreffen) und spezifisch urheberrechtlichen Fragen (die das Urheberrecht angehen) zu unterscheiden.

  • Auf verlagsvertragsrechtliche Aspekte kommt grundsätzlich die Rechtsordnung desjenigen Staates zur Anwendung, in dem die Geschäftsniederlassung des Verlags liegt (Art. 117 Abs. 2 IPRG).
  • Für urheberrechtliche Aspekte gilt das Schutzlandprinzip, wonach das Recht des Staates anwendbar ist, für den der Schutz beansprucht wird (Art. 110 Abs. 1 IPRG). Wird z. B. die Entfernung einer bestimm­ten Publikation von einem Repositorium in der Schweiz verlangt, gilt demnach schweizerisches Recht, bei einem Repositorium in Deutschland deutsches Recht.

Haftungsrecht

Die internetbasierten Wege der Wissenschaftskommunikation führen auch zu der Frage, wer im Falle einer Rechtsverletzung für die öffentlich bereitgestellten Informationen haftet. Es gilt, die haftungsrechtlichen Konsequenzen zu ermitteln, die sich für die Betreiber*innen von Reposi­torien oder für Autor*innen ergeben können, die ihre Dokumente online zur Verfügung stellen. So können haftungsrechtliche Risiken im Vorfeld eingeschätzt und durch entsprechendes Verhalten bzw. entsprechende Vertragsgestaltung begrenzt werden.

Die Aufgabe von institutionellen Repositorien umfasst in der Regel das Einstellen, Verwalten und öffentliche Zugänglichmachen von Dokumen­ten, die von Wissenschaftler*innen der jeweiligen Hochschule oder Forschungsorganisation erstellt wurden. Wenn ein Dokument in einem institutionellen Dokumentenserver angemeldet wird, ist es nicht direkt online verfügbar, sondern unterläuft eine je nach Dokumentenserver unterschiedlich umfangreiche Kontrolle. Diese kann von einer Überprü­fung der Angaben über eine Verschlagwortung und Katalogisierung bis hin zur inhaltlichen Überprüfung reichen (siehe zur Qualitätssicherung allgemein in elektronischen Archiven DINI-Zertifikat 2019 und das CoreTrustSeal).

Macht der/die Repositoriumbetreiber*in wissenschaftliche Werke zugänglich, ohne über die erforderlichen Urheberrechte zu verfügen, begeht er/sie eine Urheberrechtsverletzung. In diesem Fall stehen in der Schweiz dem oder der Berechtigten die Rechtsbehelfe gemäss Art. 61 ff. URG zur Verfügung. Insbesondere kann von Repositoriumbetreibenden per Klage die Beseitigung der Urheberrechtsverletzung verlangt werden (Art. 62 Abs. 1 lit. b URG). So kann er/sie etwa gezwungen werden, die entsprechenden Werke aus dem Repositorium zu entfernen.

Möglich sind auch vermögensmässige Konsequenzen aufgrund von Klagen aus dem Obligationenrecht, die in Art. 62 Abs. 2 URG vorbehalten werden. Im Vordergrund steht dabei ein Schadenersatzanspruch, mit dem z. B. der Verlag den wegen der Urheberrechtsverletzung entgang­enen Gewinn von Repositoriumbetreibenden ersetzt haben möchte (Art. 62 Abs. 2 URG i.V.m. Art. 41 ff. OR). Diese Differenz muss er/sie aller­dings nachweisen können, was in der Praxis schwierig sein dürfte, weil eine Kausalität zwischen der Handlung des Repositoriumbetreibenden und einer Einbusse des Verlags kaum zu erstellen sein wird.

Klageberechtigt ist, wer über die verletzte Teilbefugnis des Urheberrechts (Art. 62 Abs. 1 URG) oder über eine ausschliessliche Lizenz an dieser Teilbefugnis verfügt (Art. 62 Abs. 3 URG). Bei der Publikation eines Werks in einem Repositorium geht es um die Online-Rechte, die in der Regel beim Urheber oder beim Verlag liegen. Klageberechtigt ist also meist der Urheber oder der Verlag.

Als Beklagte kommen in der Schweiz nicht nur Repositoriumbetreibende in Frage, sondern auch andere Personen, die an der Urheberrechts­verletzung mitgewirkt haben. Mit anderen Worten kann nicht nur der hauptsächliche Verletzende, sondern auch Anstiftende oder Gehilfen eingeklagt werden (vgl. Art. 50 Abs. 1 OR). Liegen die Online-Rechte an einem Werk z. B. beim Verlag, und hat der Urheber dieses Werk trotzdem in einem Repositorium publiziert, so kann neben den Repositoriumbe­treibenden auch der Urheber eingeklagt werden. Im Falle eines Schaden­ersatzanspruchs haften dann Repositoriumbetreibende und Urheber solidarisch (Art. 50 Abs. 1 OR). Der/die Kläger*in kann wählen, gegen wen er/sie vorgehen will und ob er/sie von dieser Person nur einen Teil oder das Ganze einfordern möchte (Art. 144 Abs. 1 OR).

Repositoriumbetreibende können das Risiko, wegen Rechtsverletzungen von Dritten vermögensrechtlich in Anspruch genommen zu werden, ver­traglich auf den Urheber abwälzen. Dies erfolgt durch eine Vertragsklau­sel, mit der sich der Urheber verpflichtet, die Repositoriumbetreibenden im Falle von Rechtsansprüchen Dritter schadlos zu halten, d. h. die anfall­enden Kosten bzw. allfällige Schadenersatzzahlungen zu übernehmen.

Aus praktischer Sicht ist zu bedenken, dass eine solche Risikoabwälzung auf den Urheber die Attraktivität des Repositoriums mindern kann und sich möglicherweise weniger Urheber finden lassen, die zur Publikation im Repositorium bereit sind. Aus Verlagsverträgen zwischen dem Urheber und einem Verlag dürfte es für den Urheber nicht immer ohne weiteres klar sein, ob der Urheber zu einer Parallelveröffentlichung in einem Repositorium befugt ist. Deshalb ist die Art und Weise, wie die Haftung für Rechtsverletzungen verteilt wird, ein zentraler Punkt in der Vereinbarung zwischen Urheber und Repositoriumbetreibenden.

Haben die Repositoriumbetreibenden und der Urheber nichts über die Haftung für Rechtsverletzungen vereinbart, können Repositoriumbetrei­bende nur soweit auf den Urheber Regress nehmen, als dieser für die Urheberrechtsverletzung mitverantwortlich ist (und insofern auch direkt eingeklagt werden könnte). Eine solche Mitverantwortung ist in der Regel dann gegeben, wenn die Hinterlegung durch den Urheber selbst oder mit seiner Zustimmung erfolgt ist. Welche Anteile von den Repositoriumbe­treibenden und vom Urheber übernommen werden müssen, wird im kon­kreten Fall durch richterliches Ermessen bestimmt (Art. 50 Abs. 2 OR).

Dabei sind die Repositoriumbetreibenden als Inhaltsvermittler einzu­stufen (Content Provider), dessen Leistung über die blosse technische Speicherung und Zugänglichmachung hinausgeht, wie sie ein reiner Zugangsvermittler erbringt (Access Provider). Doch auch beim Inhalts­vermittler greift eine Haftung nur, soweit er/sie mögliche und zumutbare Massnahmen zur Unterbindung von Rechtsverstössen unterlassen hat. Man wird von den Repositoriumbetreibenden verlangen können, dass sie die urheberrechtliche Berechtigung an den einzelnen Werken abklären, und dass sie bei Hinweisen auf Rechtsverstösse diese zu beseitigen suchen. Darüber hinaus wäre es den Repositoriumbetreibenden jedoch nicht zumutbar, den Inhalt jedes einzelnen Werks zur Kenntnis zu nehmen und auf Rechtsverstösse hin zu untersuchen.

Die Selbstarchivierung im Sinne des Self-Posting bezeichnet eine indivi­duelle, nicht standardisierte Archivierung und Veröffentlichung von Pub­likationen z. B. auf der Homepage eines Lehrstuhls, eines Instituts oder auch auf privaten Homepages.

Als mögliche Rechtsverletzungen beim Self-Posting wären vor allem die Verletzung von Immaterialgüterrechten wie z. B. die Verletzung fremder Urheberrechte sowie die Verletzung von Persönlichkeitsrechten zu nen­nen. Wenn Hochschulangehörige ihre Arbeiten auf der eigenen Home­page selbst archivieren, stellt sich die Frage nach der Verantwortlichkeit der Hochschule nicht, solange diese die Homepage nicht betreibt und nicht für den Inhalt der Veröffentlichung verantwortlich ist.

Literatur

Weiterführende Literatur

Bearbeitung der Seite: André Hoffmann (Hauptbibliothek Universität Zürich) (Stand: August 2021)