Open Access in der Soziologie

In der Soziologie gibt es sehr unterschiedliche Haltungen zu Open Access. Während freie, digitale Ressourcen in Forschung und Lehre breite Verwendung finden, veröffentlichen Soziolog*innen eigene Werke bislang eher zögerlich im Open Access (Graf et al., 2019). Ein Grund dafür ist die Publikationskultur der Geistes- und Sozialwissenschaften. In diesen Disziplinen, zu denen auch die Soziologie zählt, werden überwiegend Bücher in Form von Monografien, thematischen Sammelbänden, Konferenzberichten etc. veröffentlicht. Hinzu kommt, dass vielen Wissenschaftler*innen Informationen zu Open Access fehlen - infolgedessen stufen sie Open-Access-Publikationen häufig als qualitativ minderwertig ein und setzen auf etablierte Verlage als vermeintliche Qualitätsgaranten. Darüber hinaus besteht oftmals Aufklärungsbedarf in den Bereichen Lizenzen und Urheberrecht (Graf et al., 2019). Auch finanzielle Fragen spielen für Autor*innen und Verlage eine große Rolle. In vielen Fällen herrscht beispielsweise Unklarheit darüber, wie sich die Finanzierung gestalten kann, wenn niemand das Werk kaufen muss (Verlag Barbara Budrich, 2020).

Die Zögerlichkeit der Wissenschaftler*innen spiegelt sich auch in der Haltung großer Fachgesellschaften wieder. Weder die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) noch ihr US-amerikanisches Pendant, die American Sociological Association (ASA), zählen zu den Unterzeichnern der Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen
Obwohl institutionelle Bekenntnisse zu Open Access in der Soziologie fehlen, sind die Grundlagen für Open Access gegeben, wie die folgenden Angebote auf dieser Seite zeigen.

Open-Access-Zeitschriften

Das Directory of Open Access Journals (DOAJ) listet unter dem Stichwort Sociology rund 914 Einträge (Stand: Dezember 2024).

Wichtige Open-Access-Zeitschriften sind:

Viele namhafte Fachzeitschriften bieten keine Open-Access-Option an, andere veröffentlichen über den grünen Weg. So stellt die Zeitschrift für Soziologie (ZfS) Artikel zwei Jahre nach Erscheinen über ihre Homepage Open Access zur Verfügung, gleiches gilt für Wirtschaft und Gesellschaft (WuG). Historical Social Research (HSR) veröffentlicht Artikel nach einer Embargofrist von sechs Monaten automatisch im disziplinären Repositorium Social Science Open Access Repository (SSOAR) Open Access.

Video zur Finanzierung von Open-Access-Artikeln

Open-Access-Bücher

Unter dem Subject Sociology listet das Directory of Open Access Books (DOAB) 1.019 Titel. Die Online-Bibliothek OAPEN verzeichnet unter der Rubrik Sociology rund 1.264 Titel (Stand: Dezember 2024).

Die Verlagslandschaft der buchaffinen Sozialwissenschaften ist äußerst heterogen, breit gefächert und fragmentiert. Besonders hervorzuheben sind jedoch die Verlage Springer VS, Nomos, Barbara Budrich, Routledge, transcript, Campus und LIT (Graf et al., 2020, S. 22; Projekt OGeSoMo, n. d.).

Das Open-Access-Publizieren in buchaffinen Disziplinen wie der Soziologie steht vor unterschiedlichsten Herausforderungen. Um es attraktiver zu gestalten, müssen eine entsprechende Infrastruktur sowie Vertrauen in die Qualität von Open-Access-Büchern geschaffen werden. In diesem Zusammenhang sind v. a. die Qualitätsstandards für Open-Access-Monografien und -Sammelbände zu erwähnen, die von der AG Universitätsverlage (2022) formuliert wurden. In den vergangenen Jahren haben sich überdies einige Geschäftsmodelle für Open-Access-Bücher etabliert (OAPEN, 2020).

Disziplinäre Repositorien

Für die deutschsprachige Soziologie ist vor allem das disziplinäre Repositorium Social Science Open Access Repository (SSOAR) wichtig, während das Social Sciences Research Network (SSRN) auf internationaler Ebene wegweisend ist und neben soziologischer unter anderem auch wirtschaftswissenschaftliche, politikwissenschaftliche und anthropologische Literatur verzeichnet.

Eine Übersicht zu relevanten Repositorien bietet das Open Directory of Open Access Repositories (OpenDOAR).

Video über das Zeitveröffentlichungsrecht

Sonstige Angebote

Der Fachinformationsdienst (FID) Soziologie wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und gemeinsam von der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln (USB), GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften und dem Forschungsdatenzentrum Qualiservice betrieben. Mit über 3.300 registrierten Mitgliedern dient das Kollaborationsportal SocioHub als zentrale Plattform, um die Forschungskommunikation zu fördern und die wissenschaftliche Informationsversorgung in der Soziologie zu verbessern. Der Schwerpunkt liegt auf der Kombination aus Kollaboration, Open Science und Forschungsdatenmanagement. Nutzer*innen können zudem nach fachspezifischer Literatur, Forschungsdaten, Gruppen und Personen recherchieren.

Die Entwicklung und Umsetzung der Angebote des FID Soziologie erfolgen in enger Abstimmung mit dem wissenschaftlichen Fachbeirat und werden von der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und der Akademie für Soziologie unterstützt.

Open-Access-Angebote des FID Soziologie:

  • Klassiker der Soziologie: Über 100 Werke aus dem soziologischen Kanon stehen als Open-Access-Volltexte zur Verfügung. Diese Sammlung umfasst deutsche, englische, französische und italienische Originalausgaben und deckt den Zeitraum von 1826 bis ins 20. Jahrhundert ab.
  • SSOAR: Durch die Integration des Open-Access Repositoriums SSOAR der GESIS in den SocioHub-Index können SSOAR-Inhalte direkt über SocioHub abrufen werden. Zudem ist es für angemeldete Nutzer*innen möglich, Dokumente direkt in SSOAR hochzuladen, ohne sich erneut anmelden zu müssen. 
  • Präregistrierung: Mit dem Modul Präregistrierung bietet SocioHub eine innovative Möglichkeit, soziologische Forschungsvorhaben vorab zu melden und damit bekannt zu machen. Damit ist die frühzeitige Kontaktaufnahme zwischen ähnlichen Forschungsaktivitäten wie auch eine Intensivierung des wissenschaftlichen Austausches möglich und es kann ggf. Doppelarbeit vermieden werden. Die inhaltliche Konzeption und technische Umsetzung des Moduls wurde vom SocioHub-Team entwickelt und orientiert sich an einer standardisierten Vorlage für Präregistrierungen aus dem Open Science Framework (OSF).
  • Journal Hosting: Der FID Soziologie unterstützt bei der Gründung neuer und der Migration bereits bestehender soziologischer Open-Access-Fachjournals. Mithilfe der Open-Source-Software Open Journal Systems (OJS) wird der gesamte digitale Publikationsprozess – von der Einreichung bis zur Veröffentlichung – technisch unterstützt.
  • SOCIOS: Mit SOCIOS, einem Satellitenprojekt von SocioHub, steht eine Publikationsplattform für kollaboratives Schreiben und Open-Peer-Review in den Sozialwissenschaften zur Verfügung.

Auch die Online-Archive JSTOR und Project MUSE stellen inzwischen für die Soziologie relevante Open-Access-Inhalte bereit.

BASE (Bielefeld Academic Search Engine) erlaubt das fachspezifische Suchen nach digitalen Volltexten. Soziologische Inhalte sind dort anhand des Dewey Decimal Classification Codes 301 zu finden.

Im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts OGeSoMo – Förderung von Open-Access-Publikationen in den Geistes- und Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Monografien wurden diverse Handreichungen erstellt, die umfassende Informationen zu Open-Access-Publikationen in den Geistes- und Sozialwissenschaften bieten. Im Nachfolgeprojekt AuROA - Autor:innen und Rechtssicherheit für Open Access wurde darüber hinaus ein Vertragsgenerator entwickelt. mit dem modulare Musterverträge für Open-Access-Buchpublikationen individuell und interaktiv erstellt werden können.

Das Projekt ENABLE! verfolgt das Ziel, die einzelnen Akteur*innen des sozial- und geisteswissenschaftlichen Open-Access-Publikationswesens zu einem Netzwerk zusammenzubringen, um u. a. Open-Access-Publikationen zu fördern und neue Veröffentlichungsmodelle zu entwickeln.

Open Science in der Soziologie

Mit den Diensten von GESIS gibt es in der Soziologie umfangreiche Möglichkeiten, um Daten, Methoden oder Software Open Access verfügbar zu machen:

  • datorium ermöglicht die Vergabe eines zitierfähigen Digital Object Identifiers (DOI).
  • da|ra bietet die Möglichkeit einer Datenregistrierung zur DOI-Vergabe – auch wenn Einrichtungen die entsprechenden Daten selbst hosten.

Im Bereich der qualitativen Daten ist vor allem der aus dem Archiv für Lebenslaufforschung (ALLF) hervorgegangene Dienst Qualiservice zu nennen. Dieser Dienst archiviert qualitative sozialwissenschaftliche Forschungsdaten aus unterschiedlichen Disziplinen und stellt sie für die wissenschaftliche Nachnutzung zur Verfügung. Darüber hinaus bietet Qualiservice persönliche und studienspezifische Beratung an.

Offene Forschungsdaten

Offene Forschungsdaten werden im Bereich der Soziologie geschätzt: Im Code of Ethics fordert die American Sociological Association (American Sociological Association, 2018) die Bereitstellung von Forschungsdaten der Soziologie:

"Sociologists generally make their data available after completion of a project or its major publications, except where proprietary agreements with employers, contractors, or clients preclude such accessibility or when it is impossible to share data and protect the confidentiality of the data or the anonymity of research participants".

US-amerikanische Closed-Access-Zeitschriften wie American Sociological Review und Sociological Methodology berufen sich in ihren Submission Policies auf diesen Code of Ethics und ermuntern ihre Autor*innen zur Verfügbarmachung von Forschungsdaten. Auch die Open-Access-Zeitschrift Demographic Research macht solche Vorgaben, allerdings nicht nur für Daten, sondern auch für Programmcode.

Literatur

Weiterführende Literatur

Bearbeitung der Seite durch: Maike Lang, Yannik Hampf (SocioHub - Fachinformationsdienst Soziologie) (Stand: Dezember 2024)