Open Access in der Biologie

Eine große und stetig wachsende Zahl an Open-Access-Zeitschriften prägt mitt­lerweile die Publikationslandschaft der Biologie. Initiativen wie Plan S und Plan U (Sever et al., 2019) sowie die bundesweiten Lizenzverträge des DEAL-Projek­tes sorgen auch in der Biologie für einen strukturellen Wandel hin zu Open Access als Standard-Publikationsmodell. Auch Preprintserver wie bioRxiv gewinnen zunehmend an Bedeutung, da sie die schnelle Kommunikation von Ergebnissen noch vor Abschluss der Peer-Review-Prozesse ermöglichen. Neben Fachartikeln und den damit verknüpften Forschungsdaten sind Softwareent­wicklungen wichtige Ergebnisse des Wissenschaftsprozesses, wobei der freie Zugang zu diesen Ergebnissen durch eine Vielzahl an Repositorien und Datenbanken gewährleistet wird.

Open-Access-Zeitschriften

Das Directory of Open Access Journals (DOAJ) listet 1.015 Open-Access-Zeitschriften unter dem Stichwort Biology (Stand: März 2024). Zu den Wichtigsten gehören:

Eines der Zugpferde der Open-Access-Bewegung in der Biologie ist der Verlag Public Library of Science (PLOS). 2003 setzte er mit Gründung der Zeitschrift PLOS Biology einen Grundstein für die Verbreitung des Open-Access-Gedan­kens in den Lebenswissenschaften. Neben PLOS Biology betreibt der Verlag mittlerweile weitere Zeitschriften, darunter PLOS ONE. Diese Zeitschrift gilt als Prototyp des sogenannten Megajournals – dieses Modell wurde mittlerweile von vielen anderen Verlagen übernommen (z. B. Scientific Reports von Nature Portfolio). Ein wichtiges Merkmal dieser Megajournals ist, dass eingereichte Manuskripte ausschließlich auf Basis ihrer wissenschaftlichen Validität bewertet werden. Ablehnungen aufgrund mangelnder Relevanz wie bei vielen anderen Zeitschriften gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund zählt PLOS ONE nach Anzahl der jährlich publizierten Artikel zu den weltweit größten wissenschaftlichen Zeitschriften. Ein weiterer Verlag mit Vorreiterrolle im Bereich Open Access ist BioMed Central. Dieser betreibt eine Vielzahl von Zeitschriften und ist Mitbe­gründer der Open Access Scholarly Publishers Association (OASPA). Von der Royal Society wurde 2011 die Open-Access-Zeitschrift Open Biology gegründet. Darüber hinaus wurde 2012 die Zeitschrift eLife vom Howard Hughes Medical Institute, der Max-Planck-Gesellschaft und dem Wellcome Trust gegründet. Diese, so die Herausgeber*innen, soll eine qualitativ hochwertige Alternative zu Nature, Science und Cell darstellen.

Video zur Finanzierung von Open-Access-Artikeln

Open-Access-Bücher 

In der Kategorie Biology, life sciences listet das Directory of Open Access Books 1.289 Titel. OAPEN verzeichnet unter der Rubrik Biology, life science mehr als 138 Titel (Stand: März 2024).

Open-Access-Bücher nehmen in der Biologie bislang keine prominente Rolle ein. Dennoch gibt es zahlreiche Open Access veröffentlichte (Lehr)-Bücher, die durch hohe Qualität glänzen. Hier sei das von OpenStax und American Society for Microbiology Press gemeinsam herausgegebene Buch Microbiology erwähnt.

Disziplinäre Repositorien 

Zu den wichtigsten Repositorien in der Biologie gehören:

  • arXiv: Der von der Cornell University Library betriebene Preprint- und Postprint-Server besitzt seit einigen Jahren den Abschnitt Quantitative Biology mit 11 Kategorien.
  • bioRxiv: Seit 2013 bietet das Cold Spring Harbor Laboratory diesen speziell auf die Biowissenschaften ausgerichteten Preprint-Server an. Bereits vor der Pandemie nahm die Nutzung des Servers zu, dieses Wachstum hat sich durch die COVID-19-Pandemie nochmals verstärkt.
  • Preprints: Diese multidisziplinäre Plattform bietet u.a. die Sektion Biology an.
  • PaleorXiv: Dieser subdisziplinspezifische Preprint-Server bietet Preprints aus z. B. der Paläontologie an. 
  • PUBLISSO-Fachrepositorium Lebenswissenschaften (FRL): Dieses von ZB MED gehostete Repositorium bietet die Zweitveröffentlichung von Artikeln und Forschungsdaten an. 
  • PubMed Central und Europe PubMed Central: Dies sind die größten Anlaufstellen für Postprint-Versionen von Publikationen weltweit. Die US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH) fordern, dass Postprints von Publikationen zu NIH-geförderten Projekten spätestens 12 Monate nach Veröffentlichung in einer Zeitschrift via PubMed Central zugänglich sind. Diese müssen nicht zwangsläufig unter einer offenen Lizenz stehen, noch müssen sie im Open-Access-Subset sein, das separat bezogen und durchsucht werden kann.

Die Nutzung von Preprints ist in den Biowissenschaften noch nicht so verbreitet wie zum Beispiel in der Physik, hat in den letzten Jahren aber deutlich zugenom­men. Initiativen wie Plan U (Sever et al., 2019) und ASAPbio (Accelerating Science and Publication in biology) propagieren, alle wissenschaftlichen Artikel als Preprint frei zugänglich zu machen.  

Eine Übersicht zu relevanten Repositorien bietet das Open Directory of Open Access Repositories (OpenDOAR).

Video über das Zeitveröffentlichungsrecht

Open Science in der Biologie

In den Biowissenschaften gibt es, auch in Verbindung mit weiteren Fächern, viele Projekte, die sich als Graswurzelbewegungen entwickeln und verschiedene Aspekte des Wissenschaftsprozesses im Sinne des Open-Science-Gedankens an­gehen. So sollen zum Beispiel mehr Forschungsdaten (Open Data), Quellcodes von Programmen (Open Source), Laborjournale (Open Notebook Science) wie auch die Begutachtung von Manuskripten (Open Peer Review), Lehrmateria­lien (Open Education Resources), die Quantifizierung des Einflusses von Publikationen (Open Metrics) und Fördergeldanträge mit ihren Gutachten (Mietchen, 2014) öffentlich online zugänglich gemacht werden. Open Science beinhaltet aber auch die Öffnung der wissenschaftlichen Tätigkeit für Laien (Citizen Science; z. B. Finde den Wiesenknopf). Auch einige Zeitschriften sehen den Bedarf, die Transparenz der Forschung zu erhöhen. So fordert zum Beispiel PLOS ONE seit 2014, dass alle zu einer Studie gehörenden Daten mit der Publi­kation zugänglich gemacht werden. PLOS Biology und PLOS Genetics unter­stützen die Research Resource Identification Initiative, mit deren Hilfe For­schungsmaterialien und Methoden eindeutige Kennungen erhalten. Auch in der Biologie haben zahlreiche Communities die FAIR-Prinzipien aufgegriffen, um für effizientere und nachhaltigere Nutzung von Daten und Software zu sorgen.

Für einige Daten der Biologie gibt es schon seit vielen Jahren entsprechende Repositorien und Datenbanken. So bieten besonders das National Center for Biotechnology Information (NCBI) wie auch das European Bioinformatics In­stitute (EBI) über Webseiten und Programmierschnittstellen (API) strukturiert Zugriff auf verschiedene Datenkollektionen, wie zum Beispiel Sequenzen und Strukturen von Biomolekülen wie DNA, RNA und Proteinen. re3data listet für den Bereich Biologie gut 900 begutachtete Datenrepositorien (Stand: November 2021). 

Trotz all dieser Initiativen und Angebote ist deutlich zu erkennen, dass bei Wei­tem nicht alle Forschungscommunities der Biologie erreicht und alle techni­schen Potentiale ausreichend genutzt werden, um einen effektiven Wissensaus­tausch zu gewährleisten. Diese Diskrepanz zwischen theoretischen Möglichkei­ten und tatsächlicher Umsetzung lässt sich u. a. durch die unveränderte Bewer­tung von Wissenschaftler*innen und ihren Arbeiten bei Stellen- und Mittelverga­ben begründen. Hierfür wird im Allgemeinen nur auf die formalen Publikatio­nen in Fachzeitschriften und den Journal Impact Factor zurückgegriffen. Diese Praxis wirkt sich auf die Motivation der Wissenschaftler*innen aus, Ergebnisse, Daten und Methoden frühzeitig zu veröffentlichen und verhindert somit deren breite und schnelle Nachnutzung. Hier wäre ein Umdenken in der Evaluation wünschenswert. Die Initiator*innen und Unterzeichner*innen der Declaration on Research Assessment (DORA) streben genau diesen Wandel der wissen­schaftlichen Bewertung an. Sie fordern konkret, dass neben der Bereitstellung der nötigen Infrastruktur Anreize geschaffen werden, die Resultate wissen­schaftlichen Arbeitens möglichst früh und frei von technischen, finanziellen und rechtlichen Barrieren öffentlich zugänglich zu machen.

Ein weiteres wichtiges Projekt im Bereich Open Science der Biologie stellt der Aufbau der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) dar. In diesem Rahmen soll Forschungsdatenmanagement technisch und strukturell in ganz Deutschland auf ein neues Fundament gestellt werden. Im Rahmen der ersten beiden Auswahlrunden des Aufbaus der NFDI wurden mehrere Konsortien aus den Lebenswissenschaften und der biomedizinischen Forschung (DataPlant, GHGA, NFDI4BioDiversity, NFDI4Health, NFDI4Microbiota) gefördert. Ziel dieser Konsortien ist es, durch Bereitstellung von Infrastruktur, Know-How und Training, aber auch durch die Entwicklung und Etablierung von (Metadaten)-Standards offene und effiziente Wissenschaft zu fördern sowie die Umsetzung der FAIR-Prinzipien und einem kultureller Wandel dahin zu unterstützen.

Literatur

Weiterführende Literatur

Bearbeitung der Inhalte dieser Seite: Prof. Dr. Konrad Förstner, ZB MED - Informationszentrum Lebenswissenschaften (Stand: November 2021)