Perspektiven der DFG auf KI und Open Access, Teil I

Perspektiven der DFG auf KI und Open Access, Teil I

Welche Bedeutung haben die Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz für Open Access und Open Research? Mit einer Reihe von Blogposts möchte das Projekt open-access.network jüngst aufkommenden Fragestellungen und Diskussionen rund um die Beziehung zwischen den Themenfeldern nachkommen. 

In den kommenden Wochen werden wir in dieser Reihe drei Blogposts der DFG veröffentlichen, die sich mit der Bedeutung von Künstlicher Intelligenz für die gute wissenschaftliche Praxis und Open Science auseinandersetzen:

  • Teil I: Die Rolle Künstlicher Intelligenz in der wissenschaftlichen Praxis
  • Teil II: Beziehungen zwischen Open Science und Künstlicher Intelligenz
  • Teil III: Datentracking und Künstliche Intelligenz

Teil I: Die Rolle Künstlicher Intelligenz in der wissenschaftlichen Praxis

Die rasante Entwicklung generativer Künstlicher Intelligenz (KI) verändert zunehmend die wissenschaftliche Praxis. Auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat sich in Stellungnahmen mit dem Einfluss dieser Technologien auf die Forschung beschäftigt. Strategisch wird die Nutzung von KI-Methoden in einer KI-Initiative gefördert: Seit 2019 gibt es eine strategische Förderinitiative, die das Forschungsfeld KI mit Ausschreibungen und anderen gezielten Maßnahmen vorantreibt. Im Zentrum steht dabei eine differenzierte Betrachtung: Die DFG erkennt große Potenziale, warnt aber zugleich vor Risiken, die gesehen werden müssen.

Die DFG sieht generative KI als hilfreiches Werkzeug, das vielfältige Prozesse im wissenschaftlichen Alltag unterstützen kann. Dazu zählen etwa Effizienzgewinne: KI kann repetitive Aufgaben wie das Zusammenfassen von Fachliteratur oder das Erstellen von Visualisierungen übernehmen und so wertvolle Zeit sparen. Auch gibt es die sprachliche Unterstützung: Gerade für Wissenschaftler*innen, die nicht auf Deutsch oder Englisch publizieren, kann KI bei der sprachlichen Ausarbeitung unterstützen. Letztlich werden neue methodische Ansätze möglich: In der Datenanalyse, Modellierung und Simulation eröffnen KI-gestützte Verfahren neue Forschungszugänge.

Neben den Chancen benennt die DFG klare Risiken und fordert einen verantwortungsvollen Umgang mit generativer KI. Zum Thema Transparenz: Wer KI einsetzt, muss offenlegen, in welchem Umfang und zu welchem Zweck dies geschah. Das ist zentral für die wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit. Ein weiteres Stichwort ist Verantwortung: Die Verantwortung für wissenschaftliche Inhalte bleibt bei den Forschenden – auch wenn Teile durch KI erstellt wurden. Autor*innenschaft ist und bleibt menschlich. Auch besteht Plagiatsgefahr: KI-Systeme könnten geschützte Inhalte unbemerkt reproduzieren. Daher ist eine kritische Prüfung auf Urheberrechtsverletzungen unerlässlich. Wir sehen Risiken beim Thema Vertraulichkeit: Besonders sensibel ist der Umgang mit vertraulichen Antragsunterlagen. In Begutachtungsverfahren der DFG ist der Einsatz generativer KI aktuell aus diesem Grund noch nicht möglich.
Auch das Thema Qualitätssicherung ist zentral: KI-generierte Inhalte müssen fachlich überprüft, korrigiert und gegebenenfalls überarbeitet werden – ein "blindes Vertrauen" ist fehl am Platz.

Die DFG bewertet die Nutzung von KI derzeit neutral – entscheidend ist der Kontext und der verantwortungsvolle Umgang. KI kann eine wertvolle Hilfe sein, ersetzt aber nicht das kritische Denken, die Erfahrung und die ethische Verantwortung der Wissenschaftler*innen. Transparenz, Integrität und Qualität bleiben die Leitprinzipien wissenschaftlichen Arbeitens – auch im KI-Zeitalter.

KI-Forschung

Die DFG fördert Forschung in sämtlichen Disziplinen und in all ihren Formen. Die Förderung erfolgt wissenschaftsgeleitet, die Wahl der Forschungsgegenstände obliegt also den Wissenschaftler*innen. Angesichts der KI-Konjunktur der letzten Jahre ist es naheliegend, dass die DFG zahlreiche Vorhaben mit Bezug zu Künstlicher Intelligenz finanziert. 

Spitzenforschung zu Künstlicher Intelligenz wird das KI-Wissen der Gesellschaft erweitern und uns im Umgang mit KI handlungsfähiger machen. Dies gilt nicht zuletzt in Bezug auf kritische Aspekte Künstlicher Intelligenz, sowie ihre ethischen, politischen oder gesellschaftlichen Implikationen. Kernauftrag der DFG ist die Forschungsförderung. Dennoch versucht die DFG auch im Rahmen „externer“ Wissenschaftskommunikation in größere Teile der Gesellschaft hineinzuwirken und dort das KI-Wissen zu vermehren.1 Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung können zudem auf dem Wege des Transfers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft konkret zur Entwicklung KI-basierter Produkte in unterschiedlichen Sektoren beitragen.

KI und gute wissenschaftliche Praxis

Die Frage, inwieweit KI-Technologien die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis „wahren“ helfen bzw. mit ihnen übereinstimmen, ist zu eng gefasst. Vielmehr sollten wir von wechselseitigen Einflüssen ausgehen.

Auf der einen Seite entbindet der Einsatz von KI-Anwendungen Forscher*innen selbstredend nicht von der Verpflichtung auf zentrale Grundprinzipien wissenschaftlicher Integrität, wie sie etwa in den DFG-Leitlinien zur „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ kodifiziert sind (vgl. DFG 2025). So stellt sich in Verbindung mit der Nutzung generativer KI („Chatbots“ o. ä.) beim Abfassen wissenschaftlicher Texte etwa die Frage der Autor*innenschaft. Nach Ansicht der DFG können nur die „verantwortlich handelnden natürlichen Personen als Autorinnen und Autoren in Erscheinung treten“ (DFG 2023).

Auf der anderen Seite ist es keineswegs undenkbar, dass die Entwicklung von KI-Technologien und deren praktischer Einsatz in der Wissenschaft ihrerseits zu einem Wandel der Standards des wissenschaftlichen Arbeitens beitragen – so wie die im Zuge des digitalen Wandels sich verändernden Arbeitsweisen in der Forschung maßgeblich zur Entstehung des aktuellen DFG-Kodexes geführt hatten (vgl. DFG 2025). Wissenschaftliche Praxis auf der einen, sowie normative Diskussionen und Regelsetzung auf der anderen Seite sind wechselseitig aufeinander bezogen.


1 Beispielsweise die Veranstaltung „Mensch und Maschine – Wie Künstliche Intelligenz uns verändert“ (26.11.2024) im Rahmen der Talkreihe „Enter Science“. DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft - Mensch und Maschine – Wie Künstliche Intelligenz uns verändert.


Literatur


Dieser Beitrag ist lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (CC BY 4.0).


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